Sonntag, 25. Mai 2008

Cloverfield (Kino Review) [Nachtrag]

Nachtrag, ein Review vom 9.2.2008: 




Cloverfield

Vor einigen Monaten tauchte im Netz ein Trailer eines namenlosen Filmes auf, der aus verwackelten Handkamera-Bildern von durch New York City flüchtenden Menschen bestand und den Zuschauer ziemlich ratlos zurückliess. Es dauerte nicht lange, da überschwemmten mysteriöse Websites, Fanblogs, Fake-Meldungen etc. en masse das www. Und alle Welt fragte sich: Was ist "Cloverfield"? Von was wird New York da angegriffen? Lange haben sich die Leute an diesen Fragen die Zähne ausgebissen - die Werbestrategie ist geschickt eingefädelt worden, das muss man sagen. Etwas vergleichbares gab es bisher nur 1999 bei Blair Witch Project.

Mich hat die ganze Hysterie ehrlich gesagt nicht so wahnsinnig gepackt, den Trailer fand ich eher seltsam und nicht gerade atemberaubend. Trotzdem war ich am Dienstag an der Schweizer Vorpremiere. Ja, was soll ich sagen? Ich war vom ersten Moment, da Jason die Videokamera anstellt, bis zum Schluss gefesselt. Ich bin sowas von froh, dass es keine Pause gab, ich glaube ich wäre gestorben wenn doch! 

Ein überaus spezieller Film. Einmal wirklich etwas anderes. Denn der Film erzählt eine Godzilla-typische Story auf völlig neue Weise, nämlich indem das ganze Geschehen aus der Sicht einer Videokamera eines Partygastes dokumentiert wird. Das grösste Verdienst des Filmes ist, dass diese - zwar simple - Idee einen unglaublich guten Effekt verursacht: Als Zuschauer ist man mittendrin. Es ist echt. Man ist in New York und flüchtet vor einem Riesenmonster.
Natürlich ist es jederzeit bewusst, dass das Monster aus Pixel besteht, aber der Film erreicht eine Realitätsnähe wie noch nie ein Monsterfilm zuvor. Zu verdanken ist das übrigens auch dem überraschend guten Drehbuch. Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet und wirken tatsächlich wie reale Menschen, die Handlung ist ebenso realistisch, zumindest so realistisch, wie die Handlung eines Monsterfilmes sein kann. Das soll heissen, es fällt dem Zuschauer gar nicht auf, dass da ein Drehbuch ist! Eine grosse Leistung.

Die Schauspieler sind nicht überragend, fallen aber auch nicht gross negativ auf. Ich jedenfalls mochte die Leute wirklich. Wie die deutsche Synchro ist, möchte ich mir gar nicht so recht vorstellen. Die Untertitel waren jedenfalls beinahe überflüssig, so verständlich war das Englisch.

Und nun endlich zum wichtigsten Punkt, dem Monster: Ich möchte gar nicht zu viel verraten, aber ich fand es gut umgesetzt. Auf Grossleinwand kommt es wirklich gigantisch rüber und vom Design her ists schön futuristisch, auch wenn nichts bahnbrechend neues. Alleine wegen dem Monster würde ich den Film nicht anschauen. Ich war aber doch überrascht wie oft dass man es sieht. Das ist natürlich nicht tragisch, ich denke nur, weniger wäre in dem Fall ein wenig mehr gewesen. Der grosse Monstershot am Ende fand ich sogar überflüssig.
Was mich hingegen begeistert hat, ist, dass der Film sich weigert, Antworten zu liefern. Man erfährt praktisch nichts Präzises, was auch gut zum Prinzip des Filmes passt, es werden nur Andeutungen gemacht (-->Lazarettszene). In einer Zeit, da der Zuschauer im durchschnittlichen Hollywood Film das zu sehen bekommt, was er sehen will, war mir das eine herrliche Abwechslung. Ich habe danach eine halbe Stunde mit einem Freund diskutiert, was wie wo und warum sein könnte. Der Film liefert unzählige offene Fragen, an denen man sich den Kopf zerbrechen kann. "Cloverfield" ist angenehm konsequent.

Negativ aufgefallen ist mir, dass der Film zu kurz war. Ich war schon überrascht, als der Film, bzw. das Kameraband, nach ein wenig über einer Stunde zu Ende war. Natürlich ist es kein 2-Stunden-Epos, aber 20 Minuten oder so mehr hätten der Story kaum geschadet, denke ich. Mich hat der Schluss so nicht ganz zufrieden gestellt, selbst wenn auch er zugegebenermassen konsequent war.
Hinzu kommt, dass der Film sehr Geschmacksache ist. Ich verstehe es vollkommen, wenn manche Leute mit der Wackelkamera nichts anfangen können. Auch die Story, die offenen Fragen und die ekligen Szenen werden nicht allen zusagen.
Mich haben die Bilder und der tolle Sound gefesselt, aber ich bin mir nicht sicher, wie der Effekt abseits der Grossleinwand ist. Dementsprechend würde ich jetzt mal sagen, dass ich den Film mit 1 Mal Kino gesehen habe. Ich glaube kaum, dass ich mir die DVD zulegen werde, manche Filme sind schlicht und einfach nicht zum mehrmals schauen geeignet. Müssen sie ja auch nicht.

"Cloverfield" überzeugt als Monsterfilm der anderen Art mit einer aussergewöhnlich realistischen Perspektive, welche Spannung und gruselige Atmosphäre schafft, und wirft so viele Fragen auf, dass es nur so nach einer Fortsetzung schreit. Und warum eigentlich auch nicht?

ca. 8 von 10 Punkten

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