Ein Kino-Review vom 9.3.2008:
10'000 B.C.
In den eisigen Höhen des Nordens fristet ein Stamm von Mammutjägern sein dürftiges Dasein. Einer der zotteligen Männer ist D'leh, der verspotteten Waise, der sich in die blauäugige Evolet verguckt hat, einem Mädchen, das eine Prophezeihung über vierbeinige Dämonen brachte, welche sich mit der letzten Jagd... egal. Mann muss entführte Frau retten. Punkt.
Der grosse Wurf ist die Handlung von 10'000 B.C. nicht, natürlich nicht. Ein bischen Romantik hier, ein bischen Auserwählten-Prophezeihung und Rettung-des-Volkes-Mystik da. Hat man alles schon irgendwo gesehen. Damit ist man schon bei einem grossen Problem angelangt: Der Titel. Dieser legt nahe, dass es dieser Film ein historischer Film sein will, und ich halte ihn für denkbar unglücklich gewählt. "10'000 B.C." hat nicht einmal ansatzweise etwas historisches an sich und lässt sich deshalb auch nicht in dem Mass mit Apocalypto vergleichen, wie der Trailer es nahe legte. Stattdessen würde ich ihn als ein schlichtes Fantasy-Abenteuer sehen und man hätte ihn wohl auch so vermarkten müssen.
Denn die Handlung ist so ordinär wie universell und schlussendlich nur ein Gerüst für die Bilder. Es geht dem Film ja schliesslich nur darum. Schauspieler? Austauschbar. Figuren? Holzschnittcharakter. Dialoge? Lückenfüller. Was den Film ausmacht, ist die teuere Aufmachung. Gigantische Aufnahmen von verschneiten Bergen, steinigen Steppen, dichtem Urwald, endlosen Wüsten und mächtigen Pyramiden, Mammutherden und Säbelzahntiger atemberaubend detailgenau animiert und exotische Völker von Steinzeit-Jäger bis zu Pharaonen. Das alles reicht, um den Zuschauer knappe zwei Stunden an der Stange zu halten und Fans von solch opulentem Schnickschnack den Mund offen stehen zu lassen. Kann man denn mehr erwarten?
Ja, kann man. Denn keine Bilder vermögen darüber hinwegzutäuschen, dass "10'000 B.C." unverzeihliche Schwächen hat. Von den oben erwähnten, üblichen Macken ragt vor allem die Tatsache heraus, dass D'leh, der Held, nicht sympathisch ist. Ich verlange keinerlei schauspielerische Bestleistungen, aber das darf nicht sein. Da hätte ich jetzt sogar lieber ein bekanntes Gesicht gesehen als diesen Stümper von Steven Strait. Zumindest erfüllt Camilla Belle ihre Funktion als reine optische Augenweide voll und ganz. Auch der Rest, also vor allem das Drehbuch, liegt in dem Bereich, wo man einem Blockbuster fehlende Qualität verzeiht, auch wenn man da durchaus mehr hätte herausholen können. Das führt dazu, dass sich der Film mit Mel Gibson's grandiosem Maya-Epos "Apocalypto" leider gar nicht messen kann.
Ausserdem beginnt in der zweiten Hälfte unnötiger Pathos mitzuschwingen und das Ende ist etwas sehr kitschig gehalten.
Schlussendlich ist wie gesagt die Optik die Stärke von "10'000 B.C." und in dieser Hinsicht macht er viel wett. Das alleine reicht, damit sich mein Kinobesuch definitiv gelohnt hat. Es ist mir klar, dass nicht alle Leute diese Begeisterung für solche Filme aufbringen können.
Also einmal mehr: Im Westen nichts neues. Aber das war sowieso längst klar, wenn auf dem Poster Roland Emmerich steht. Ebenso klar war, dass die Kritiker die Augen rollen würden. Emmerich zeigt einmal mehr, was er in Wirklichkeit ist: ein grosses Kind. Er will schlicht und einfach eine Abenteuergeschichte erzählen und diesbezüglich versteht er auch sein Handwerk.
Fazit: "10'000 B.C." ist amerikanisches Blockbuster-Kino von a bis z. Wer fähig ist, über Emmerich'sche Makel hinwegzusehen und sich von phantastischer Optik begeistern zu lassen, der kann sich hiermit in eine Welt des Abenteuers entführen lassen.
abgerundet ca. 6 von 10 Punkten
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