Freitag, 26. Dezember 2008

Ed Wood (DVD Review)



Ed Wood

Das Power-Team Tim Burton und Johnny Depp hat bisher schon sechs Mal auf der Leinwand zugeschlagen, zuletzt erst dieses Jahr mit Sweeney Todd. Wenn die beiden für etwas bekannt sind, dann für ausgefallene Settings und skurrilen Humor. In ihren zweiten gemeinsamen Film nach Edward Scissorhands widmen sie sich dem amerikanischen B-Movie-Produzent Edward D. Wood Jr., welcher nachträglich als "schlechtester Regisseur aller Zeiten" berühmt wurde.

Handlung:
Der Film erzählt von den unermüdlichen, teilweise verzweifelten Versuchen des wegen seiner Fokussierung auf als wesentlich empfundene Elemente (wie Gesamteindruck der Dramaturgie) und unter Vernachlässigung von anderen Aspekten von vielen als künstlerisch gänzlich unbegabt eingeschätzten Ed Wood, seinen Traum eines „ganz großen Hollywoodfilms”, genauer gesagt Monster- und Sciencefictionfilme, zu verwirklichen. Dabei hält sich Wood wegen steter Geldnot nicht sonderlich mit aufwändigem Kulissenbau und glaubwürdigen Special Effects in seinen Produktionen auf. Wackelnde Hintergründe und deutlich sichtbare Drähte an den fliegenden Untertassen werden von Ed genauso akzeptiert wie das deutlich ins Kamerabild ragende Mikrofon. Indes taucht er am Set auch gern einmal in plüschigen Angorapullovern auf und trägt Damenunterwäsche, was den Unmut der Gesellschaft der 1950er und insbesondere den seiner Freundin Dolores Fuller hervorruft.
Doch wie sein grosser Vorbild Orson Welles will auch Wood seine eigene Vision verwirklichen und widmet sich mit unerschöfplichem Tatendrang seinem Film, auch wenn er unzählige Rückschläge erleiden muss. Eines Tages trifft er den ehemaligen Dracula-Darsteller Bela Lugosi, den er verehrt und zu dem er mit seiner aufrichtigen Art bald eine freundschaftliche Beziehung entwickelt. Er besetzt Lugosi in seinem Film und durch diesen Star bekommt er endlich die nötige finanzierung. Doch auch wenn die Presse seinen Film auslacht, auch wenn ihm die Studios die Tür vor der Nase zuknallen, auch wenn der abgehalfterte und morphinsüchtige Lugosi langsam dahinseicht und auch wenn es das Glück nicht gut mit ihm zu meinen scheint, so macht Wood weiter, bis auch er endlich seinen "Citizen Kane" gedreht hat.
(frei nach Wikipedia)

Schon ab der ersten Minute merkt der Zuschauer, dass Tim Burton dieser Film am Herzen liegt, wenn er uns in der gruseligen Manier alter Horrorfilme in die Geschichte einführt. Sehr bald werden dann auch eine Parallelen zwischen Burton und Wood offensichtlich. Ohne Frage, Burton ist der bei weitem talentiertere Filmemacher als Ed Wood, aber der Grund, warum dieser bis heute Kultstatus geniesst, ist schliesslich die kindliche Freude, mit der er stets seine billigen und naiven Streifen filmte. Und genau das spürt man in Burtons Biographie ebenso. Mit viel Tempo, Energie und Spielfreude inszeniert Burton das ewige Gerangel des Filmemachers mit den geizigen Studiobossen, das wilde Leben in Hollywood und die Faszination an den Gruselfilmen der 30er Jahre, die er selbst ganz offensichtlich teilt. Man fühlt seine eigenen persönliche Erfahrungen, die Burton hier mit humorvollem Blick in die 50er verlegt, und gleichzeitig, wie er unglaublich viel Wert auf Authentizität und zahlreiche gewitzte Anspielungen legt. 

So ist Ed Wood vieles in einem. Er ist eine glaubwürdige Reise in die jungen Jahre der Traumfabrik, eine gruselige Hommage an die Zeit von Dracula und co. und eine Charakterstudie eines naiven, engagierten jungen Mannes, der nichts weiter als sich selbst in seinen Filmen verwirklichen möchte. Zusammen mit einem wie immer famosen und bestens aufgelegten Johnny Depp, atmosphärischen Schwarzweiss-Bildern, einem abwechslungsreich-frischen Script und einem Martin Landau als wieder auferstandener Bela Lugosi, der dem Zuschauer in seinem Wechselspiel von tragischer Vereinsamung und düsterer Ehrwürdigkeit mehr als einmal einen Schauer über den Rücken treibt, ist ein Film enstanden, der absurden Humor und menschliches Drama auf höchst unterhaltsame Weise vereint. Bravo!

ca. 8 von 10 Punkten


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9 (Kurzfilm Review)



9


Der Name Tim Burton steht grundsätzlich für eine gewisse Qualität, egal ob er als Regisseur (Big Fish, Edward Scissorhands) oder nur als Produzent (Nightmare Before Christmas) bei einem Film beteiligt ist. Vor allem wenn man als Zuschauer Wert auf atmosphärische Inszenierung legt, wird man sofort hellhörig, wenn der grösste Märchenerzähler in Hollywood ein neues Projekt vorstellt. Diese Woche wurde nämlich der Trailer zu seinem neuen Film aufgeschaltet, einem animierten Science Fiction-Fantasyfilm mit dem Titel "9". Bei dem Film, der natürlich am 9. 9. 2009 anlaufen wird, übernimmt Burton zwar nur die Rolle des Produzenten und Johnny Depp spielt auch nicht mit, es sieht aber schonmal nach einer ganz feinen Sache aus.

Regie führt der Newcomer Shane Acker, der bisher nur Riesenelefanten animiert hat für "The Lord of the Rings: Return of the King" und 2005 seinen Kurzfilm 9 drehte, auf dem der kommende Spielfilm basiert. Der zehnminütige Streifen, der im selben Jahr wie The Mysterious Geographic Explorations of Jasper Morello für den Oscar nominiert war, handelt von einer Stoffpuppe mit dem Namen (beziehungsweise der Nummer auf dem Rücken) Neun. Diese Puppe befindet sich in einer postapokalyptischen Welt, in der sich die Menscheit durch einen grossen Krieg selbst ausgelöscht zu haben scheint. Auf sich alleine gestellt, kämpft sie zwischen den verstaubten Häusertrümmern gegen eine mechanische Bestie, einer Art Mischung aus Skellethund und Predator, welche zuvor schon die Seelen seiner übrigen acht Kameraden verschlungen hat.

Bei jedem Kurzfilm stellt sich ja aufs Neue die Frage, wie man die Sache mit der Handlung handhaben soll. Zieht man den Vergleich mit "Jaspar Morello" zu Rate, so kann man klar unterscheiden, dass Ersterer von grösserem Umfang ist und auch mehr eine komplette Geschichte erzählen will. Acker entscheidet sich dazu, eher wenig Handlung zu liefern und verzichtet sogar vollständig auf Dialog. Wahrscheinlich war das die richtige Wahl, denn einerseits würde der Film sonst sehr überladen gewirkt haben, anderseits kann er so eine universelle Verbindung mit dem Zuschauer schaffen. Denn die Geschichte, so simpel sie auch gehalten ist, wird durch einen ernsten, zuweilen sogar düsteren Grundton und klare Charakterisierung getragen, wodurch sie sehr effektiv rüberkommt.
Dies bildet einen ausreichenden und stimmigen Rahmen für die Animationen, die schlussendlich das Herz des Filmes darstellen. Hier lässt sich durchaus mit "Jaspar Morello" vergleichen, denn auch "9" kann man dem Steampunk zuordnen und ist ebenfalls ausserordentlich kunst- und liebevoll gemacht. Man sieht sofort, dass der Film Ackers Traumprojekt ist und er über vier Jahre daran gearbeitet hat. Das Ergebnis ist ein visuell überaus aufregender Film, der wegen seiner faszinierenden Lichtführung, den fantasievollen Ideen, den makellosen Soundeffekten und der fliessenden, atmosphärischen Einbindung der Figuren in die detailreiche Umgebung technisch und künsterlisch die Sinne zu berauschen vermag. Wer sich für erwachsene Animationfilme interessiert und zehn Minuten nichts zu tun weiss, der sollte unbedingt einmal kurz hier vorbeischauen. 

Shane Ackermans "9" ist ohne Frage ein atmosphärischer Kurzfilm der besseren Sorte und lässt mich dem kommenden Spielfilm mit einer grossen Portion Vorfreude entgegensehen.

ca. 8 von 10 Punkten


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Samstag, 13. Dezember 2008

Down by Law (DVD Review)



Down by Law

Jim Jarmusch gehört wohl zu den ungewöhnlichsten amerikanischen Regisseuren der Gegenwart. Heute vor allem bekannt durch die Filme Broken Flowers und Ghost Dog, erfolgte sein Durchbruch schon 1986 mit Down by Law.

Handlung:
Jack und Zack sind überhaupt nicht gut drauf. Jack, dem Zuhälter, hat man eine Minderjährige untergeschoben und Zack, dem arbeitslosen Radio-DJ, eine Leiche im Kofferraum. Sie sitzen im Knast, können sich nicht leiden, und beschließen, nicht mehr miteinander zu reden. Jedenfalls so lange, bis Roberto zu ihnen stößt. Wie sich bald herausstellt, handelt es sich bei ihm nicht nur um einen äußerst kommunikationsfreudigen Italiener, sondern auch um einen wirklichen Verbrecher. Roberto hat nämlich eine Billardkugel nach jemandem geworfen, der daraufhin tot umgefallen ist. Und dafür kommt man eben ins Gefängnis. Roberto ist es dann auch, der eines Tages im Hof einen Fluchtweg entdeckt, worauf das ungleiche Trio einen Fluchtversuch startet.
(frei nach Wikipedia)

Wie der 9 Jahre später entstandene Dead Man hat Jarmusch auch "Down by Law" in schwarzweiss gedreht. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass er bei beidem Filmen mit zwei Musikern zusammenarbeitete, in ersterem mit Iggy Pop und Neil Young, hier mit John Lurie und Tom Waits. Beide und auch der dritte im Bunde, Roberto Benigni (Das Leben ist schön), sind engere Bekannte von Jarmusch, mit Lurie drehte er auch schon Stranger Than Paradise, mit Benigni Coffee and Cigarettes.
Man merkt es dem Film deutlich an, dass sich die vier hauptbeteiligten Künstler zusammengefunden zu haben, um gemeinsam eine Geschichte zu erzählen. Durch die Tatsache, dass die Schauspieler sehr gut zusammenarbeiten und jeder seine Rolle mit viel Engagement ausfüllt, erleichtert es Jarmusch, sofort eine Bindung zwischen den Charakteren und dem Zuschauer herzustellen. Dies ist denn auch nötig, denn "Down by Law" ist ein recht ungewöhnlicher Gefängnisfilm, teilweise geradezu eine Parodie auf die grossen Hollywoodwerke dieses Genres. Hier findet man keinen linearen, konsequenten Spannungsaufbau, kein grosses Drama, keine durch Mark und Bein gehende Intensität, ja Jarmusch ist an den Mechanismen des Justizsystems, am langsamen Entwickeln eines grossen Ausbruchplans schlicht nicht interessiert. Stattdessen richtet er das Augenmerk vollständig auf die drei zwischen Wänden und Gitterstäben eingeschlossenen Figuren und die Konflikte, die sich aus dieser Konstellation entwickeln. Es "geschieht" eigentlich wenig in diesem Film, die Handlung spielt sich nämlich auf einer anderen Ebene ab.

Zack und Jack sind Loser, zwei Möchtegern-John Waynes, die sich selbst als coole amerikanische Archetypen geben. Beide werden eingeführt, indem ihnen von Frauen die Leviten gelesen werden. Doch die Kritik prallt an ihrem Ego ab, Jack gibt sich lieber seinem melancholischen Elend hin und Zack schlendert durch die Strassen, als ob ihm die ganze Welt gehören würde. Auch im Gefängnis sind sie zu stolz, um über ihren Schatten zu springen, wollen stets ihren eigenen Weg gehen, prügeln sich, schweigen die meiste Zeit, und es dauert etwa ein halbes Jahr, bis sie sich erstmals näher kennen lernen.
Die Situation ändert sich radikal, als plötzlich Roberto in der Zelle steht, das ewige Plappermaul. Er ist es schliesslich, der die Dinge ins Rollen bringt, der die Flucht vorantreibt, das Trio zusammenschweisst und zusammenhält, in seiner naiven Einfältigkeit, seiner von Hollywood geprägten, idealen Vorstellung von Amerika und seiner Hilflosigkeit, welche dann auch Mitleid und einen gewissen Beschützerinstinkt in den anderen beiden weckt.

Es ist bemerkenswert, wie Jarmusch das Leben hinter Gittern eingefangen hat. Indem er die Kamera starr hält, auch ihr keinen Blick nach aussen gewährt und nachzeichnet, wie Zack und Jack langsam durchzudrehen scheinen, lässt er es den Zuschauer - ohne übertrieben emotional oder plakativ zu werden - hautnah miterleben, wie diese Situation an den Nerven zerrt. Mehr noch, Zeit scheint in diesem abgeschlossenen Raum keine Bedeutung mehr zu haben und wenn da nicht ein Kalender in Form von Strichen an der Wand wäre, würde sich scheinbar überhaupt nichts verändern. Im Gefängnis und auch auf der anschliessenden Flucht verlieren die Figuren nach und nach alles, was ihnen zuvor Halt gab im Leben und sie gleichzeitig dort verankerte, egal ob Frauen, Luxus, Stolz, Musik oder Roberto sein Englisch-Übersetzungsbuch. Auch kleine Dinge wie Zigaretten - der Inbegriff der oberflächlichen Männlichkeit - sind plötzlich aufgrund fehlenden Feuers zweckentfremdet und funktionieren nicht.

Und über die ganze Zeit schmückt Jarmusch seine Geschichte um die drei Männer mit skurilem Humor und absurden Situationen aus, wodurch sie dem Zuschauer je länger je mehr ans Herz wachsen, vor allem der gewohnt tapsige Benigni, aber auch der energische Lurie und der rauchige Waits.
"Down by Law" könnte man als Märchen bezeichnen, wenn auch ein ziemlich anspruchsvolles Märchen, denn die ganze Story ist höchst unwahrscheinlich und von starker Symbolkraft. Am Ende ist es dann auch Roberto, der zwar eine Schraube locker, aber ständig Glück zu haben scheint, dem dann das Glück auf wundersame Weise in den Schoss fällt und er genau dort ein neues Leben anfängt, wo die anderen beiden nur Gefahr vermuteten, wo sie lieber ihn geopfert haben, weil sie zu feige für ein Risiko waren. Schlussendlich ist Roberto zwar rechtlich gesehen der einzige Schuldige, weil er als David den Goliath besiegt und etwas Strafbares getan hat, aber schlussendlich ist er auch die einzige unschuldige Seele, die ihr Happy End verdient hat, im Gegensatz zu den vermeintlich coolen anderen beiden - die lieber ihren Träumen für Morgen nachhängen, während sie das heute versauen - welche zum ewigen Herumstreunern verdammt sind.

Unter dem Strich ist "Down by Law" wahrscheinlich kein Film, der für die grosse Masse geeignet ist. Aber in seiner ruhige Erzählweise strahlt er seinen ganz eigenen Charme aus, ist dazu noch klasse gespielt und hervorragend photographiert, weshalb man über Schwächen wie die Rolle von Benignis Ehefrau Nicoletta Braschi hinwegsehen kann. Ein Film über Amerika den Sumpf, den Kochherd der Völker, in dem der Abschaum oben auf schwimmt.

"Down by Law" ist eine herrlich schräge Komödie über drei Gefängnisinsassen, die sich nicht zu schade für künstlerischen Anspruch ist.

ca. 8 von 10 Punkten


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