Montag, 23. Februar 2009

3D-Film und digitales Kino



3D Kino - die Technik der Zukunft?

Man liest ja immer häufiger über 3D-Kino und als ich erfuhr, dass der Animationsfilm Bolt in Zürich im Kino Abaton 3D gezeigt wird, wollte ich mir diese Chance nicht nehmen lassen. Ich wurde nicht enttäuscht. Nebst der Tatsache, dass der Film meine Erwartungen übertraf, machte diese neue Technik einen ausgesprochen guten Eindruck auf mich.

Dabei ist 3D-Kino ganz und gar nicht "neu". Schon 1922 wurde der erste Stummfilm dreidimensional präsentiert, indem man mit dem Anaglyphen-Verfahren eine Bildtrennung durch Farbfilter vornahm. Wie an dem Beispiel unten zu erkennen, wurden also sozusagen zwei Versionen des jeweiligen Bildes projiziert - anfangs in den Farben Rot und Blau, später vor allem Rot und Grün - und durch eine Brille mit Polfiltern erreicht, dass nur das jeweils polarisierte Licht zum gewünschten Auge gelangt. Das Ziel war, dass man mit dem linken Auge das eine, mit dem rechten Auge das andere Bild sieht, namentlich den gefilmten Gegenstand aus zwei verschiedenen Perspektiven.

3D-Bild mit dem Anagylpheverfahren

Der resultierende räumliche Effekt war damals zwar noch nicht ganz ausgereift, ziemlich teuer und erst Jahrzehnte später überhaupt in Farbe zu bestaunen, dennoch erlebte die 3D-Technik in den 50er-Jahren ihren ersten Höhepunkt. Neben Techniken wie dem Cinerama-Film (Panoramafilme) liessen sich die grossen amerikanischen Filmstudios in dieser Zeit einiges einfallen, um gegen die Konkurrenz des neu entstandenen Fernsehens anzukämpfen und die Zuschauer zurück ins Kino zu locken. Doch das Vorhaben wurde nicht von Erfolg gekrönt, der kurze Boom ging vorüber und der 3D-Film verschwand wieder von der Bildfläche.

Die Gründe, warum sich 3D-Kino nicht durchsetzte, sind vielschichtig. Das Verfahren ermöglichte damals lediglich schwarzweisse Projektion, war anstrengend für die Augen, äusserst unflexibel, da der Winkel zwischen dem Zuschauer und der Leinwand zu stimmen hatte, und natürlich sehr teuer, allein weil man die Kinos auf metallisch beschichtete Leinwände umrüsten musste. Die Technik war schlicht noch nicht ausgereift genug für diesen grossen Schritt.
Nach Jahrzehnten, während denen der 3D-Film ein Nischendasein in Jahrmärkten oder Ähnlichem und weitere misslungene Wiederbelebungsversuche erdulden musste, scheint die Welt im neuen Jahrtausend nun endlich breit zu sein für dieses Wunderwerk. Es ist kein Zufall, dass die Studios gerade jetzt damit beginnen, im grossen Stil auf die neue Technik umzusatteln. Mehr noch, die aktuelle Situation birgt erstaunliche Parallelen zu derjenigen der 50er. Heute wie damals sieht sich die Kinobranche einer gewachsenen Konkurrenz der anderen Medien gegenüber, sei es das Fernsehen oder das Internet, woraus ein gewisser Innovationstrieb resultiert, mit dem das Kino seine Sonderstellung und somit sein Überleben sichern will.

Und es scheint tatsächlich so, als würden es die Studios dieses Mal ernst meinen mit dem 3D. Erleichternd hinzu kommt nämlich, dass sich durch die Umstellung sämtlicher Bereiche der Filmproduktion auf digitale Methoden sowieso die ganze Branche im Umbruch befindet. Zwar werden heute noch immer die meisten Kinofilme mit der guten alten analogen Technik aufgenommen, die meisten Studios haben jedoch schon die Vorteile des Digitalen erkannt und rüsten für die Zukunft. Dass diese früher oder später rein digital sein wird, steht eigentlich ausser Frage. Dank Pionieren wie Michael Mann, George Lucas, Robert Zemeckis und James Cameron wurde die Entwicklung vorwärtsgetrieben und dem breiten Publikum erste Appetithäppchen der zukünftigen Möglichkeiten dargeboten, siehe Collateral oder Beowulf.
Die grossen Hollywood-Studios gründeten den Dachverband Digital Cinema Initiative (DCI), der sich seit 2006 vermehrt dafür einsetzt, in den Kinos auf digitale Projektion umzusteigen. Allein bis 2007 wurden in der USA 4000 Kinosäle von den mechanischen Einflüssen befreit. Bis Ende 2010 sollen 10'000 weitere weltweit folgen.

Solche Bilder erreicht man nur mit digitalen Kameras:
"Collateral" von Michael Mann

Was hat das nun mit 3D-Film zu tun? Ganz einfach, mit den DLP-Projektoren, Marktführer in digitaler Projektion aus dem Hause Texas Instruments, lassen sich in ganz normalen Kinos auch 3D-Filme abspielen (also ohne, dass zwei Projektioren nötig wären) und noch dazu mit besserem Effekt denn je zuvor. Das neuste Zauberwort heisst Real D Cinema.

Grundsätzlich wird beim Real-D-Verfahren die Technik der klassischen 3D-Filme benutzt. Das heisst, es müssen noch immer sogenannte Polarisationsbrillen getragen werden, welche jedoch mit moderner Technik anders polarisiert werden, nämlich zirkular (Uhrzeigersinn = rechtes Auge, Gegenuhrzeigersinn = linkes Auge). Die Bildfrequenz ist mit 72 pro Sekunde pro Auge extrem hoch (ein normaler Film besteht aus 24 Bildern pro Sekunde) und stellt sicher, dass der Film räumlich und flüssig wahrgenommen werden soll. Die Hardware übrigens stammt - was für eine Überraschung - wiederum von Texas Instruments. Das Ergebnis ist, dass das 3D-Erlebnis bedeutend flexibler geworden ist, da nun eine Kopfbewegung nicht gleich den räumlichen Effekt zerstört, selbstverständlich in Farbe zu geniessen ist und dank der starken Kostenreduzierung ("nur" 50'000 Dollar pro Kinosaal) für eine grosse Anzahl Kinos erschwinglich wurde. Eingesetzt wird Real-D bisher vor allem von Disney unter der Marke Disney Digital 3-D, welches in erster Linie seine Animationsfilme dreidimensional zeigt.

Genug Theorie! Die eigentliche Frage ist doch; wie wirkt dieses neue Wunderwerk? In einem Wort: Fantastisch. Bolt war mein erster Spielfilm, den ich in 3D gesehen habe, und ich war schwer beeindruckt. Zuvor hegte ich die Befürchtung, dass hinter all dem technischen Schnickschnack die wahren Qualität eines Filmes endgültig begraben und die modernen Effekte um ihrer selbst willen eingesetzt werden würden, doch glücklicherweise war die Neugier stärker. Denn im Gegenteil, ein bedacht eingesetzter 3D-Effekt ist genau das, als was ihn Filmemacher George Lucas rühmt: "Eine neue Dimension des Erlebens für jeden Film." Der räumliche Effekt unterstützt die Geschichte eines Filmes.
Am Beispiel "Bolt" haben die Macher Können bewiesen, indem sie den 3D-Effekt wohldosiert, unauffällig und unaufdringlich gestalteten. In den meisten Szenen beschränkt er sich lediglich darauf, dass die Köpfe der Charaktere vom Hintergrund abgehoben wurden, doch allein dies ergibt schon einen räumlichen Effekt, der, gerade weil er bequem und natürlich wirkt, geradezu fühlbare Atmosphäre schafft. Dies mag sich etwas banal anhören, richtig eingesetzt ist dies aber gewiss eine mächtige Waffe. Und dann gibt es natürlich auch noch diejenigen Szenen, in denen der 3D-Effekt auf extreme Weise zum Tragen kommt und den Zuschauer zusammenzucken lässt, etwa wenn ein Gegenstand auf die Kamera zufliegt. Grandios!

Es ist Zeit für ein Fazit. Natürlich werde ich ab jetzt nicht nur noch 3D-Filme sehen gehen, aber ich habe Gefallen an dieser Technik gefunden - das sollte nun langsam klar geworden sein. Bewusst eingesetzt, wird dem Zuschauer damit wirklich noch ein Schritt mehr in Sachen Filmerlebnis geboten. Ich empfehle jedem, der dies bisher noch nicht getan hat, dem dreidimensionalen Film eine Chance zu geben.
Mit regem Interesse werde ich jedenfalls die weitere Entwicklung dieses Branchenzweigs verfolgen und freue mich auf kommende Grossprojekte in der dritten Dimension, allen voran James Camerons heiss erwarteter Avatar. Es wird sich zeigen, ob dies der Anbruch eines neuen Kinozeitalters ist.

3D! Ich will mehr 3D!

Links:

3 Kommentare:

outtake hat gesagt…

Der erste 3D Film wurde 1903 in einem Pariser Kino gezeigt. Zu sehen war ein Zug der in einen Bahnhof einfährt. Als Reaktion auf dieses neue Medium sind dutzende von Menschen Panisch aus dem Kino geflohen!
1922 Stimmt also nicht ganz.

Jonas hat gesagt…

Glaubst du nicht, dass du da etwas durcheinander bringst? Tatsächlich fand die erste öffentliche Filmvorführungen überhaupt in einem Pariser Kino statt, und zwar der Film "L'Arrivée d'un train en gare de La Ciotat" von den Lumiere-Brüdern, wo tatsächlich Menschen aus dem Saal flohen. Aber das war 1896 und keineswegs 3D. Den Film kann man sich übrigens hier ansehen: http://www.youtube.com/watch?v=1dgLEDdFddk

Kann aber natürlich durchaus sein, dass mir ein Fehler unterlaufen ist, und freue mich immer über Hinweise diesbezüglich.

3D Filme hat gesagt…

Absolut schöner Artikel, sehr nett zu lesen.

Mit dem angesprochenen Innovationszwang der 3D Kinos kann ich dir nur zustimmen, es war auf jeden Fall an der Zeit. Mit 3D haben sich die Kinobetreiber auf jeden Fall für die nächsten Jahre finanziell abgesichert... Dein Artikel liegt jetzt schon ein paar Monate zurück, mittlerweile kann man schon 3D Fernseher, 3D Player etc. über Amazon bestellen, d.h. Heimkino auch Zuhause. Jedoch sind diese für Ottonormal Verbraucher nicht gerade erschwinglich, so dass für ein 3D Erlebnis wirklich nur ein Kinobesuch bleibt. Gut für die Filmindustrie....Interessant auch die Entwicklung der 3D Technik. Polarisationsbrillen sind Standard in den Kinos, jedoch gibt es unterscheidliche Techniken die angewendet werden. Wie du schon angesprochen hast, gibt es RealD. Auf der anderen Seite gibt es den großen Konkurrenzen XpanD. Ich bin gespannt, welches Verfahren sich letzten Endes durchsetzen wird bzw. welche Technik standartisiert wird. Beste Grüße