Montag, 31. Mai 2010

Clint Eastwood zum 80. Geburtstag





Der grösste Filmstar aller Zeiten

Ja, ich gebe es zu. Clint Eastwood ist und bleibt für mich der grösste Filmstar aller Zeiten. Andere mögen James Dean, Paul Newman, Marlon Brando oder gar John Wayne bevorzugen, aber für mich gibt es nur einen. Und zwar den ohne Namen. Obwohl, er trägt auch viele Namen. Harry Callahan zum Beispiel. Oder Bill Munny. Oder Walt Kowalski, neuerdings. Und sonst nennt man ihn eben einfach den "Blonden".

Aber nicht genug, dass Clint Eastwood in seiner über 50-jährigen Filmkarriere zwei der unvergesslichsten Leinwandikonen überhaupt schuf und mit grossen Regisseuren wie Sergio Leone oder Don Siegel zusammenarbeite, nein, er hat es sich auch schon sehr früh nicht nehmen lassen, selbst auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen. Zugegeben, anfangs nicht immer ganz erfolgreich, aber wen kümmert das? Denn wenn Eastwood - aufgewachsen zur Zeit der grossen Depression - etwas nie und nimmer tat, dann war es aufgeben. Er hat immer weitergemacht. Ausprobiert. Und wenn mal ein Film in die Hose ging, dann hat er das einfach zur Kenntnis genommen und sich sogleich an seinen Nächsten gemacht.

Und das Tolle daran ist, dass er tatsächlich immer besser geworden ist. Mit Unforgiven, Mystic River und Million Dollar Baby ist er sogar so gut geworden, dass die Academy beschlossen hat, Eastwood in ihren "nominieren-wir-aus-Prinzip-mal"-Kreis aufzunehmen. Er dürfte auch der Regisseur sein, dessen Schauspieler in den letzten zwanzig Jahren im Schnitt am meisten Oscars und Nominierungen verbuchen konnten. Verdientermassen. Eastwood selbst mag zwar kein Charakterdarsteller in der Liga eines Jack Nicholson oder Gene Hackman sein, hat aber offenbar durchaus gelernt, auf was es ankommt.

Auf jeden Fall ist Eastwoods Karriere bis heute einmalig: Orson Welles mag vielleicht sowohl der bessere Schauspieler als auch der bessere Regisseur gewesen sein, seine Karriere dauerte jedoch nicht einmal halb so lange wie die Eastwoods. Und andere Schauspieler wie Mel Gibson oder Sylvester Stallone, die ebenfalls mit der Zeit hinter der Kamera Platz zu nehmen begannen, erreichten weder seine Qualität, geschweige denn seine Produktivität.

Das beste an Eastwoods Karriere ist jedoch: Sie dauerst noch immer an! Heute ist der gute Mann satte achtzig Jahre alt geworden und dennoch denkt er keine Sekunde daran, in den Ruhestand zu gehen. Möglicherweise wird er zwar nicht mehr vor der Kamera zu sehen sein - gäbe es einen besseren Abschluss einer Schauspielkarriere als Gran Torino? - aber nur, um dahinter umso fleissiger zu arbeiten. Nach den beiden letztjährigen Gran Torino und Changeling soll nach Invictus bereits dieses Jahr sein nächster Film starten, nämlich Hereafter. Um einen Artikel aus The Guardian zu zitieren:

"Man's got to know his limitations" is the famous line he delivers at the end of Magnum Force. To all appearances, Clint Eastwood never had any.


Mittwoch, 26. Mai 2010

Die besten Filme aller Zeiten (zum Zweiten)


Wie hier bereits angekündigt, ist es auch dieses Jahr wieder Zeit für die Liste der Listen, nämlich diejenige der "besten Filme aller Zeiten" - oder, etwas bescheidener ausgedrückt, der persönlichen Lieblingsfilme. Ich habe bereits letztes Jahr eine solche Liste von 60 meiner Meinung nach grossen Werken der Kinogeschichte aufgestellt, illustriert durch eine kleine Collage. Unnötig zu erwähnen, dass sich innerhalb eines Jahres bei einer solchen Liste sehr viel tun kann.

Abgesehen davon, dass die Platzierung eines Filmes generell um mindestens fünf Stellen variieren kann, gab es dieses Jahr jedoch wenige grössere Verschiebungen. Auffallend höchstens, dass Eternal Sunshine of the Spotless Mind nach wiederholtem Sehen von Platz 37 auf den beachtlichen Platz 18 gestiegen ist, während The Butterfly Effect leider vom 22-ten auf den 57-ten Platz gesunken ist, sich aber immerhin noch locker in der Liste halten konnte. Ganz verabschiedet wurden hingegen Das Boot und The Djungle Book, weniger aus qualitativen Gründen, sondern viel mehr weil ich zugeben muss, diese Filme schon zu lange nicht mehr gesehen zu haben.

Kommen wir nun aber zum interessanteren Teil: Die Neuzugänge!

In den hinteren Reihen neu dazugekommen sind die urkomische Actionfilm-Parodie Hot Fuzz, Clint Eastwoods Gran Torino und der ultrabrutale, aber gekonnt geschriebene existentialistische Horrorfilm Martyrs aus Frankreich. Weiter vorne hat sich ein weiterer Klassiker eingefunden: The Graduate von Mike Nichols ist eine unbeschreiblich warmherzige, formal beeindruckende Komödie mit einem zeitlosen Soundtrack. Auch neu zu finden sind zwei Meisterwerke des grössten deutschen Regisseurs der Weimarer Republik; Fritz Langs Metropolis und Das Testament des Dr. Mabuse. Dazu gesellt sich ein weiterer grosser Regisseur, nämlich Akira Kurosawa mit Yojimbo, gegen den zugebenermassen nicht einmal Sergio Leones Remake ankommt. Wenn wir schon bei den Japanern sind: Den Sprung von 0 auf 100 sozusagen haben zwei Filme des Anime-Genies Hayao Miyazaki geschafft - das optisch überwältigende Fantasy-Epos Prinzessin Mononoke und Chihiros Reise ins Zauberland, ein Meisterwerk von gleichzeitig grenzenloser Schönheit und berührender Melancholie. Melancholisch ist auch die Stimmung in Billy Wilders The Apartment, die vielleicht schönste Tragikkomödie der Filmgeschichte, welche sogar eine Platzierung vor Some Like It Hot erreicht hat.

Genug geredet! Hier ist die Liste, optisch hoffentlich ansprechender und übersichtlicher als die Letztjährige:





Kandidaten für die Aufnahme in die Liste sind folgende Filme, die ich aber zuerst noch ein zweites Mal sehen muss:
Aliens, Eraserhead, Once Upon a Time in America, Rosemary's Baby, The Third Man, The Sting, Der Mann mit der Kamera

Weitere überragende Filme mit Chancen auf eine Platzierung sind beispielsweise:
In Bruges, Chinatown, Million Dollar Baby, L. A. Confidential, Paths of Glory, Magnolia, Se7en, Requiem for a Dream, One Flew Over the Cuckoo's Nest, The Wild Bunch, Ladri di Biciclette


Dienstag, 25. Mai 2010

Jubiläum und Update



Kaum zu glauben, was? Mit dem heutigen Tag ist er bereits zwei Jahre alt, dieser kleine Blog. Vor genau 730 Tagen hat er mit einem spartanischen Review der Die Hard-Reihe seine ersten tapsigen Schritte in der Welt des WWWs unternommen. Mit der Zeit ist er dann gewachsen und hat allmählich das Laufen gelernt. Allerdings muss man feststellen, dass er im letzten Jahr unter gewissen Entwicklungsstörungen gelitten hat. Sein Vater hat ihm leider nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die er verdient gehabt hätte, da er sich um "dringendere Angelegenheiten" kümmern musste. Der Arzt versichert allerdings, dass das Kind dadurch keine längerfristigen Störungen erhalten habe und dass in Zukunft durchaus wieder ein stärkeres Wachstum zu erwarten sei.

An dieser Stelle soll nun eine auenländische Tradition gepflegt werden, dass das Geburtstagskind Geschenke vergibt, statt sie zu erhalten. Dieses Jahr wären das folgende beiden grösseren Päckchen:

Das Erste ist im wahrsten Sinne des Wortes offensichtlich, es handelt sich nämlich um ein graphisches und strukturelles Update der Seite. Keine Angst, eine Totalrevision ala Filmstarts haben sie heute und in naher Zukunft keine zu befürchten. Ins Auge springt aber sicherlich, dass ich meine Informatik-Grundkenntnisse hervorgekramt, ein wenig am HTML-Code rumgespielt und die Hauptspalte ein Stück breiter gemacht habe. Ich bin der Meinung, das steigert die Lesbarkeit der Texte. Als weiteres graphisches Element wurde eine kleine, aber schicke Signatur ans untere Seitenende geheftet, welche fortan verschiedene Bilder aus dem besten Film aller Zeiten zeigen wird und sozusagen eine Klammer zum Header bilden soll.

Umstrukturiert wurde die Seitenleiste, genauer gesagt wurden die wichtigen generellen Einträge in sogenannte Seiten umgewandelt und prominent unter dem Header platziert. Ich hoffe, dadurch wird die Übersicht gestärkt und die Orientierung erleichtert. Ausserdem gibt es auf der Seite nun neu eine Suchfunktion und das Feld "Empfohlene Artikel", wo sie die meiner Meinung nach interessantesten allgemeinen Beiträge verlinkt finden. Diese würden sonst wohl Gefahr laufen würden, in den Untiefen des Archivs zu verschwinden.

Ich freue mich natürlich sehr über Rückmeldungen aller Art, sei es konkret zum Layout oder zum Blog allgemein. Bitte entweder als Kommentar hier oder als Mail an:
jonas[punkt]ulrich[ät]solnet.ch

Das zweite "Geschenk" hat eigentlich bereits Tradition, nämlich die alljährliche Aktualisierung meiner persönlichen Bestenliste. Sie wird im Verlauf des morgigen Tages aufgeschaltet.

Problematische Filme



In der Schweiz war das ja immer so eine Sache mit den wegen angeblicher Gewaltverherrlichung verbotenen Filmen. Man verfuhr in der Praxis gleich wie bei den FSK-Freigaben, indem man einfach die deutschen Bestimmungen, beziehungsweise die deutsche Liste indizierter Filme, übernahm. Von Transparenz konnte dabei keine Rede sein, da der Bürger keine Möglichkeit hatte, eine verlässliche Version der Liste einzusehen, und da nach dem nebulösen Artikel 135 des Schweizer Strafgesetzbuches sogar Der König der Löwen wegen "Gewalttätigkeit gegen Tiere" theoretisch eingezogen werden könnte. Schlussendlich liegt das nämlich im persönlichen Ermessen des Richters, da solche Listen rechtlich nicht verbindlich sind. Auf gut Deutsch: In der Praxis muss man nur in wenigen Fällen damit rechnen, wegen dem Besitz oder Erwerb indizierter Filme gebüsst zu werden (beim Kauf über ricardo oder dem Import aus dem Ausland etwa), anderseits kann man aber auch nicht davon ausgehen, dass man für einen Film, der nicht auf der Liste steht, auch nicht gebüsst wird.

Wenn Sie nun hoffen, von mir zu hören, dass sich das geändert hat, muss ich sie leider enttäuschen. Allerdings hat der Schweizerische Video-Verband einen nicht zu verachtenden Schritt unternommen, um Licht in die Abgründe der modernen staatlichen Zensur zu bringen. Auf seiner Homepage findet sich neben einer offiziellen Stellungnahme neuerdings nämlich auch eine explizit schweizerische und vor allem aktuelle Liste der indizierten, bzw politisch korrekt formuliert; der "problematischen" Filme. Sie deckt sich zwar noch immer praktisch vollständig mit der deutschen Liste - so ist Peter Jacksons Splatterkomödien-Klassiker Braindead noch immer in sage und schreibe fünf verschiedenen Fassungen darauf zu finden - schafft aber immerhin ein gewisses Mass an Transparenz.

Die Liste der "problematischen Filme" in der Schweiz finden sie HIER.

Mittwoch, 19. Mai 2010

Unser Garten Eden (Kino Review)



Unser Garten Eden

Handlung:

Das waren noch Zeiten, als man in seinem Schrebergarten sein eigener Herr und Meister war, als man sein Fleckchen Grün bezahlte und darauf tun und lassen durfte, was man wollte. Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute muss sich jede Parzelle nach strengen Vorschriften richten, die von Abfallentsorgung bis hin zur Bauhöhe alles in rechtsstaatliche Schranken weisen. Und dafür zu sorgen, dass diese Regeln auch brav eingehalten werden, das ist der Job von Giuseppe Assante.

Der gebürtige Italiener, von der Mitgliederversammlung mehr oder weniger liebevoll als "Berlusconi" bezeichnet, streift in Anzug und Krawatte durch den Berner Schrebergarten und hat dabei ein scharfes Auge auf alles Nicht-Vorschriftmässige und einen helles Ohr für die alltäglichen Probleme der Hobbygärtnerinnen und -gärtner. Da gibt es beispielsweise Kroaten, die gerne einen Spanferkelgrill hätten, Muslime, denen ebendies nicht in die Schuhe passt, und Schweizer, die ihre Nachbarn verdächtigen, in der Nacht heimlich Zwiebeln zu stehlen. Kann das gutgehen?

Kritik:

Mano Khalil, selber Schrebergärtner, hat während zwei Jahren seine Mitbewohner mit der Kamera begleitet und aus dem gedrehten Material einen gut 100-minütigen Dokumentarfilm geschnitten. Erwartet man unter dem strahlend blauen Himmel das grosse Drama und explosive Konflikte, ist man schon einmal von Grund auf am falschen Ort. Statt an sensationellen Entdeckungen ist Khalil daran interessiert, einen Ort zu charakterisieren, den man genau so überall in der Schweiz vorfinden könnte, inklusive der mit ihm verbundenen Menschen. Das ist ihm gelungen. Unser Garten Eden gibt dem Zuschauer den Eindruck, selbst derjenige zu sein, der über die Hecke in den nächsten Garten späht oder mit den Nachbarn bei der Geburtstagsfeier gemütlich plaudernd am Tisch sitzt. Entstanden ist ein Film mit einer Atmosphäre von Lebensnähe, von Ungestelltheit und Natürlichkeit, der die Emotionen der Protagonisten ohne einen aufgesetzten Verstärkungsfilter auf den Zuschauer zu übertragen vermag.

Es ist nur folgerichtig, dass Khalil seinem Film keine starre Struktur zugrunde legt, sondern vielmehr Eindrücke und Lebensgeschichten sammelt, um sie zu einem facettenreichen Portrait zu verdichten. Die zentrale Figur dabei stellt "Il presidente" Giuseppe Assante dar, während daneben eine Auswahl von knapp zehn Parteien vorgestellt wird. Zwar ist durchaus ein roter Faden vorhanden - der Bau des besagten Spanferkelgrills - doch er ist alles andere als dominant und verbindet die anekdotischen Episoden und biographischen Fragmente nur lose. Leider scheinen dadurch manche Figuren eher isoliert im Raum zu stehen, und über ihr Verhältnis zu den Nachbarn hätte man gerne mehr erfahren. Die an sich stimmig gewählte Spiellänge hätte sich vermutlich durchaus mit noch etwas mehr Material füllen lassen.

Auf der ersten Blick zeigt Khalil ein beschauliches Utopia in einem grünen Meer, eine Insel des Friedens voller Beschaulichkeit und Gemütlichkeit. Auf den zweiten Blick erst erkennt man die Probleme, die sich beim Zusammenleben von Menschen so unterschiedlicher Herkunft ergeben. Dabei beginnt man zu verstehen, dass der Schrebergarten auch ein Zufluchtsort sein kann: einerseits vor dem grauen Alltag, anderseits vor der Einsamkeit der eigenen Existenz und vor den schmerzlichen Erinnerungen an eine verlorene Heimat. Gekonnt verbindet Khalil völlig ungekünsteltes menschliches Alltagsdrama mit einem gewitzten Blick auf das schrullige Völkchen der Schrebergärtner. Eine präzise Schnittarbeit und musikalische Begleitung durch Volksleider aus den Balkan runden das Gesamtbild ab.

Am Ende ist hat der Zuschauer die Wahl: Entweder er begnügt sich damit, eine interessante Reise durch eine Welt unternommen zu haben, die neben Tomaten, Kohlköpfen und Bohnen eben auch Menschen jeglicher Couleur zu bieten hat. Oder er multipliziert in Gedanken diesen Mikrokosmos auf eine Gemeinschaft von sieben Millionen Einwohnern hoch und erhält einen pfiffigen, scharf beobachteten Film, der uns so einiges erzählen kann über das Zusammenleben in einem kleinen, aber eben multikulturellen Land.

ca. 8 von 10 Punkten


Dieses Review ist erschienen auf OutNow.

A Nightmare on Elm Street (Kino Review)



A Nightmare on Elm Street
(2010)


Handlung:

Die Kellnerin Nancy (Rooney Mara) ist geschockt, als sich Dean (Kellan Lutz) eines Nachts in ihrer Bar plötzlich die Kehle durchschneidet. Alle Welt glaubt an Selbstmord, doch Nancy spürt, dass hier etwas nicht stimmt. Vor seinem Tod hat ihr Dean nämlich offenbart, dass er unter schrecklichen Albträumen leide. Auf der Beerdigung teilt Nancy ihre Ahnung mit ihren High-School-Kollegen Kris (Katie Cassidy) und Jesse (Thomas Dekker), welche die Sache natürlich auch als Spinnerei abtun.

Doch sehr bald entdeckt Kris, dass auch sie immer wiederkehrende Albträume hat, in denen sie von einem Mann mit verbranntem Gesicht verfolgt wird. Verängstigt bittet sie Jesse, ihr über Nacht Gesellschaft zu leisten, worauf dieser mitansehen muss, wie sie wie von Geisterhand in die Luft gehoben und zerfetzt wird. Blutüberströmt und von der Polizei als Mörder verfolgt, flieht Jesse zu Nancys Haus und kann ihr gerade noch den Namen des mysteriösen Traumjägers verraten, der ihm mittlerweile ebenfalls erschienen ist: Freddy.

Wer ist dieser Mann? Und warum findet Nancy bei sich zuhause ein uraltes Klassenfoto, dass sowohl sie, als auch Kris, Jesse und Quentin (Kyle Gallner) zeigt, obwohl sie sich nicht erinnern kann, damals mit ihnen in die Schule gegangen zu sein?

Kritik:

Natürlich ruft es bei den meisten Fans Missbilligung hervor, wenn sich jemand an ein Remake ihres heissgeliebten A Nightmare on Elm Street macht. Und noch dazu, wenn dieser jemand Michael Bay heisst. Das Regieführen überlässt er hier zwar Samuel Bayer, das Ergebnis trägt jedoch unverkennbar die Handschrift des Produzenten, der schon Friday the 13th und The Texas Chainsaw Massacre wiederbeleben liess.

Es darf bezweifelt werden, ob Bay den Anspruch hatte, mehr als einen soliden Horrorfilm für die Massen abzuliefern. Und seine Ziele erreicht er gewöhnlich, ob man es ihm nun gönnt oder nicht. A Nightmare on Elm Street wird mindestens die neuere Generation der Genrefreunde tadellos unterhalten und überzeugt in Aspekten wie Setting, Kamera, Licht und generell Atmosphäre. Geld war sicherlich zur Genüge vorhanden, um die Wünsche des Zielpublikums zu befriedigen. Herausgekommen ist ein durch und durch kalkuliertes Studioprodukt, könnten nun böse Zungen behaupten.

Zwar ist im Vorspann der Satz zu lesen, dass die Charaktere von Wes Craven kreiert wurden, davon ist allerdings nur wenig zu spüren. Zu sehen sind stattdessen eine Gruppe amerikanischer Vorstadtteens - zufälligerweise könnten sie alle aus dem Modekatalog stammen - denen es im Leben wohl noch nie an etwas gefehlt hat und die nun eben einer nach dem anderen im Schlaf zersäbelt werden. Das ist unterhaltsam, gegen Ende sogar ziemlich spannend, aber leider nicht besonders furchteinflössend. Die Story des Originals wurde zwar praktisch eins zu eins übernommen, Regisseur Bayer lässt es sich jedoch nicht nehmen, jede Traumsequenz bereits mindestens eine Minute vorher mit wehenden Fahnen anzukündigen. Auch auf die Experimentierfreudigkeit, welche das Original bis heute unvergesslich gemacht hat, wurde grösstenteils verzichtet. So beschränkt sich Freddy Krügers Terror hier weitgehend darauf, bedrohlich mit den Klingen über verschiedene Metalloberflächen zu fahren oder eben genau dann aus der Dunkelheit hervorzuspringen, wenn es zumindest die Figuren im Film nicht erwarten.

Hinzugefügt wurde hingegen eine sporadisch in Rückblicken erzählte Backstory Krügers, was an sich eine kluge Entscheidung war, da es dem Film einen roten Faden gibt, auch wenn es die Figur zugegebenermassen weniger mysteriös macht. Insgesamt ist das Drehbuch straffer, linearer und abgerundeter als im Original, wo Wes Craven den Fokus noch mehr darauf legte, die Zuschauer spielerisch hinters Licht zu führen. Das Remake hingegen bietet mehr Thrill als Horror.

Das Problem des Filmes liegt schlussendlich darin, dass er keinen Charakter hat. Sei es nun wegen der soliden, aber lieblosen Inszenierung, wegen der zu spärlich vorhandenen originellen Einfälle oder aufgrund der komplett austauschbaren Darsteller: A Nightmare on Elm Street ist ein Film, der wie ein Schnellzug an einem vorbeidonnert und den man ebenso schnell wieder vergessen hat.

aufgerundet ca. 6 von 10 Punkten


Dieses Review ist erschienen auf OutNow.

Samstag, 1. Mai 2010

StreetDance 3D (Kino Review)



StreetDance 3D

Handlung:

Carly (Nichola Burley) und ihre Tanztruppe haben es geschafft: Sie dürfen am grossen Finale der UK Street Dance-Meisterschaft teilnehmen, wovon sie alle schon ihr ganzes Leben träumen. Doch dann geschieht das Unfassbare: Jay (Ukweli Roach), Carlys Freund und Chef der Gruppe, steigt aus, und wenig später verlieren sie auch noch ihren gewohnten Trainingsraum. Plötzlich sieht sich Carly schier unlösbaren Problemen gegenübergestellt: Sie muss einen geeigneten Ort zum Üben finden und nebenbei die Gruppe zusammenhalten, die kaum mehr an einen Sieg glaubt und schon auseinanderzubrechen droht.

Doch da kommt Rettung von völlig unerwarteter Seite: Beeindruckt vom Engagement der jungen Tänzer, will ihnen die Ballettlehrerin Helena (Charlotte Rampling) einen Saal in der Royal Ballet School zur Verfügung stellen. Unter einer Bedingung: Carly muss Helenas Ballettklasse, angeführt von Tomas (Richard Winsor), in ihre Nummer integrieren. Denn den makellosen Profitänzern mangelt es ganz offensichtlich an innerem Feuer, welches nun der Kontakt mit den impulsiven Strassentänzern zurückbringen soll. Kann das gut gehen?

Kritik:

Wer zur Hölle kommt auf einen so einfallslosen Filmtitel wie "StreetDance 3D"? Die Ironie der Sache ist, dass er den darunter laufenden Film - unabsichtlich, gewiss - geradezu erstklassig auf den Punkt bringt: Das einzige, was StreetDance 3D von anderen Tanzfilmen unterscheidet, ist das kleine, aber in der heutigen Zeit entscheidende Anhängsel "3D". Und das hat's in sich. Es mag noch immer Zuschauer geben, welche die neue Technik grundsätzlich ablehnen, doch Filme wie StreetDance 3D sind prädestiniert dafür. Völlig egal, was jetzt genau in einer Szene vorgeht, die Tiefenwirkung der dreidimensionalen Bilder ist fantastisch und erzeugt einen Sog, der in einem Tanzfilm mehr als willkommen ist. Allein wegen der gestochen scharfen, farblich wunderbar abgestuften Bilder könnte man zwei Stunden im Kino sitzen.

Alles andere im Film hat man mindestens schon ein dutzend Mal gesehen. Was an sich noch kein Problem darstellt, da StreetDance 3D diese bekannten Elemente wirklich reibungslos und eindrucksvoll zusammenfügt. Entstanden ist ein weiteres Stück perfekte Illusion, das zwar diesmal aus England stammt, jedoch bis ins kleinste Detail nach "Made in Hollywood" schreit. Weder Schnitt, noch Bildkomposition oder Kostüme lassen irgendeinen Makel erkennen. Die ganze Sache ist schon beinahe zu perfekt. Ebenso makellos ist nämlich auch die Welt, die uns der Film vorführt: Dreck, sei er moralischer oder realer Natur, gibt es hier schlicht und einfach nicht. Die Seele der Protagonistin ist so strahlend rein wie ihr stets in ein glänzendes Licht getauchtes Gesicht, diejenige der Widersacher schwarz und ihrem Auftreten gemäss undifferenziert. Der Vorwurf des Rassismus ist jedoch vermutlich zu weit hergeholt.

Zugegeben, von spannenden Figuren und Konflikten ist hier keine Spur - die "coole Strassenkids vs. verklemmte Ballettussis"-Situation ist reichlich klischeebeladen. Aber das interessiert das Zielpublikum ja auch nicht wirklich. Hauptsache die Moves stimmen und der Beat haut rein. Und dem ist tatsächlich so. Ist man der Musik nicht grundsätzlich abgeneigt, bietet StreetDance 3D ein Kinoerlebnis, das zu 90 Prozent von optischen und akustischen Reizen geprägt ist, die wie ein Sturzregen auf die Zuschauer niederprasseln. Hier kann man schönen Menschen zusehen, die als Tänzer um einiges mehr drauf haben denn als Schauspieler und in glamourösen Settings ihre perfekt durchchoreographierten Performances vorführen. Mindestens bis etwa zur Hälfte reicht das, um Langeweile vorzubeugen.

StreetDance 3D ist kein schlechter Film, denn ihn so zu bezeichnen hiesse, eine grundsätzliche Abneigung gegen das Genre zu haben. Vielmehr sollte man den Film daran messen, was er zu sein beabsichtigt, und darin ist er ziemlich gut. Da sich die Macher gleichzeitig jedoch sklavisch an das altbewährte, erfolgsversprechende Rezept halten, ist das Endergebnis trotz des überwältigenden Glamours - unbedingt in 3D zu geniessen - gerade mal durchschnittlich.

ca. 5 von 10 Punkten


Dieses Review ist erschienen auf OutNow.ch.