Sonntag, 22. November 2009

2012 (Kino Review)



2012

Roland Emmerich, der kassenträchtigste deutsche Export in Hollywood, hat sich schon mehrmals mit der Zerstörung der Welt befasst. Seien es nun Aliens in Independence Day, Flutwellen in The Day After Tomorrow oder Godzilla höchstpersönlich, bei einem Emmerich-Film kann man getrost darauf zählen, das es ordentlich kracht. Das alles ist ihm aber offenbar noch nicht genug und so widmet er sich in seinem neuen Film der Verschwörungstheorie, die nach dem Maya-Kalender die Apokalypse für das Jahr 2012 vorhersagt.

Handlung:
2009 entdecken Wissenschaftler in einer Kupfermine einen starken Anstieg der Temperaturen der Erdkruste, ausgelöst durch eine ungewöhnlich starke Sonneneruption. Berechnungen ergeben, dass bis zum Jahr 2012 die Erdkruste zu schmelzen beginnen wird, was zu einer Katastrophe unvorstellbaren Ausmasses führen könnte. Der amerikanische Forscher Adrian Helmsley informiert die Regierungen, welche sich im G8 auf einen gemeinsamen, geheimen Plan zur Rettung der Menschheit einigen.
Drei Jahre später. Der erfolglose Schriftsteller Jackson Curtis arbeitet als Fahrer in Los Angeles. Als er mit den beiden Kindern von ihm und seiner Ex-Frau auf einem Wochendausflug in den Yellowstone National Park unternimmt, hört er im Radio den Verschwörungstheoretiker Charlie Frost, der einen baldigen Weltuntergang prophezeit. Natürlich hält Curtis dies für Spinnerei, wird jedoch nicht viel später eines Besseren belehrt...
(frei nach Wikipedia)

Dass man bei einem Film von Roland Emmerich die Erwartungen gleich zu Beginn gehörig nach unten schrauben sollte, versteht sich eigentlich von selbst. Erwartungen bezüglich einer intelligenten, durchdachten Story mit tiefschürfenden Konflikten sind hier völlig fehl am Platz. So entpuppt sich die Wahl des "2012"-Themas sehr bald als einzige Ausrede, um schlicht und einfach alles in kleinkindlicher Freude kaputt zu machen, dass es da kaputt zu machen gibt. Egal ob Yellowstone, der Petersdom oder der Himalaya; bei Emmerich bleibt kein Stein auf dem anderen. Dennoch, auch der Umkehrschluss, dass der Film keine gute Story nötig habe, ist falsch. Auch bei Emmerich muss das Gesamtbild in sich stimmig sein, wie es bei "Independence Day" und bei "The Day After Tomorrow" - gewiss, mit Abstrichen - durchaus der Fall war.

Geht man nun aus dieser Perspektive an seinen neusten Film heran, bei dem Emmerich übrigens mit knapp 260 Millionen Dollar sein bisher grösstes Budget zur Verfügung hatte - so überzeug "2012" mindestens zu Beginn. Wirklich neue Ideen sucht man zwar vergeblich, aber der Film startet dennoch vielversprechend. Das Tempo stimmt, die Szenen gehen zügig und abwechslungsreich voran, die Story ist spannend und das ganze wird als eine angenehme Mischung aus Humor, Drama, Action und Suspense aufbereitet. Auch die zahlreichen Figuren werden eingiermassen interessant eingeführt und einige vermögen sogar zu gefallen, wozu man auch den von John Cusack gespielte Curtis zähen dürfte, selbst wenn Cusack seine schauspielerischen Möglichkeiten weder ausschöpfen kann noch darf. Dadurch regen sich ab der ersten Minute Hoffnungen, Emmerich sei sich wieder einmal gerecht geworden und habe lumpenreines Unterhaltungskino abgeliefert. Denn die positiven Aspekte ziehen sich noch relativ weit in die erste Hälfte hinein, wo dann auch die Actionsequenzen zu befriedigen vermögen.
Wie es sich für einen Film des abschätzig als "Katastrophenporno" bezeichneten Genres gehört, setzt Emmerich in erster Linie auf die Tricktechnik. Diese ist natürlich auf dem neusten Stand und verblüfft mit in dieser Form nie gesehenen detailreichen und aufwändigen Renderings. Zwar springen die CGI noch immer ins Auge, passen zumindest in den Erdbeben-Szenen aber ins Gesamtbild und lassen in all ihrem Gigantismus mehrmals den Gedanken aufkommen: So, jetzt haben sie es also geschafft. Jetzt wurde erreicht, wovon die Macher von Deluge, des vermutlich ersten Katastrophenfilmes, 1933 nicht einmal zu träumen gewagt hätten - Kino von einer solchen Grössenordnung, dessen fiktiver Realität überhaupt keine Grenzen mehr gesetzt sind und dessen Bilder eine beinahe perfekte Illusion vermitteln. Dass "2012" einige Szenen enthält, die einen wirklich in den Sessel drücken, muss man Emmerich also durchaus anrechnen.

Stellt man sich den Film allegorisch als das Flugzeug aus der Handlung vor, so kann Emmerich beinahe über die ganze erste Hälfte den Kurs und die Höhe halten und sie zeitweise sogar steigern. Schwer zu sagen, wann genau die Bruchlandung erfolgt, und vor allem bleibt es schleierhaft, warum Emmerich und sein Stamm-Co-Autor Harald Kloser geradewegs auf den Felsen zusteuern, an dem sie unweigerlich zerschellen müssen. So spannend und vielversprechend der Film auch beginnt, so ernüchternd setzt die Enttäuschung in der zweiten Hälfte ein. Immer wieder auftretende Langatmigkeit, doofe Figuren, schwach konziptiert Action und unerträgliche Stereotypen - war das wirklich nötig?
Vielleicht am treffendsten zeigt sich dies jedoch schon vor der Pause. Es macht den Eindruck, als hätte jemand während der Vorproduktion die Idee gehabt, folgende Szene einzubinden: Die Figuren können auf einem Flugzeug knapp entkommen, während alles um sie herum zusammenstürzt. Nun kombinieren wir das also mit dem aktuellsten Stand der Technik und damit unsere aufwändig animierten Szenarios auch richtig zur Geltung kommen, lassen wir uns irgendetwas einfallen, wodurch die Akteure aufgehalten werden und es wirklich nur in allerletzter Sekunde und haarscharf schaffen. Schön und gut, daran gibt es wohl nichts auszusetzen. Und die Computereffekte in "2012" geben ja auch allen Grund dazu, dass ein wenig mit ihnen geprahlt wird. Aber die exakt selbe Szenen nicht zwei, sondern ganze drei Mal unter nur minimal veränderten Bedingungen durchzuspielen, überschreitet die Grenze zur Einfallslosigkeit. Insbesondere, wenn das ganze Trauerspiel in der zweiten Hälfte noch einmal von vorne beginnt, indem die Menschen nun nicht mehr von Feuer und Staub, sondern von Flutwellen verfolgt werden.
So dauert der Film zwar stattliche 158 Minuten, bietet eine grosse Anzahl Figuren und spielt an hunderten verschiedenen Schauplätzen, lässt sich aber rückblickend auf zwei Elemente reduzieren: Einstürzende Städte und heranbrechende Wassermassen. Auch wenn "2012" grösstenteils mehr oder weniger kurzweilige Unterhaltung bietet, hätte etwas mehr "Story" also nicht gerade geschadet.

Nebenbei wird der Zuschauer je länger je mehr mit amerikanisch-konservativen Moralvorstellungen bombardiert. Bedenklich dabei mutet an, mit welcher offensichtlichen Kaltblütigkeit das Ziel der perfekten Familie verfolgt wird: Etwaige zwischenmenschliche Komplikationen, die sich nicht unbedingt ohne weiteres klären liessen, werden ganz einfach dadurch gelöst, indem die Problembereiter kurzerhand vom Gott des Drehbuchs aus dem Weg geräumt werden. Auch die Tatsache, dass weit mehr als die Hälfte der Menschheit den Bach hinab geht, erscheint nur bedingt erschreckend, wenn man sich im heiligen und unantastbaren Kreis der Familie befindet, der wie als Bannspruch vor jeglicher Gefahr schützt und selbst in der unmöglichsten Situation einen Ausweg herbeizaubert, während alle rundherum von Steinen zermalt, vom Feuer verkohlt oder vom Wasser erdrückt werden. Auch wenn dies alles unter der Fahne der Humanität geschieht, bleibt es fragwürdig, wenn das kollektive Sterben stets entweder als kausales Übel am Rande der grossen Zerstörung oder aber als heroische Selbstaufopferung für das Wohl der Menschheit inszeniert wird.

Natürlich will ein solcher Film niemandem weh tun - political corectness inklusive - und Emmerich möchte ja trotz allem alles andere als eine schlechte Botschaft verbreiten: Er plädiert schlicht und einfach dafür, dass wir auch in der grössten Notsituation unsere Menschlichkeit bewahren. Daran gibt es sicher nichts auszusetzen.
Nebenbei wartet "2012" auch durchaus mit interessanten Grundideen auf. Die eigentliche Kernfrage - angenommen, es käme tatsächlich zu seiner solchen Notsituation, wer würde gerettet werden? - ruft an sich ein spannendes moralisches Dilemma hervor und der Film bietet zudem eine ziemlich clevere Schlusspointe. Generell wehrt er sich in seiner augenscheinlichen Konstruiertheit gegen jeglichen Anspruch eines realistischen Szenarios, sondern beschränkt sich auf einen gewissen Symbolcharakter. Hier überrascht Emmerich ausnahmsweise positiv, selbst wenn er bei den angesprochenen Punkten stets an der Oberfläche verweilt. Und eine Prise Selbstironie hätte vermutlich auch nicht geschadet.

"2012" ist die gewaltigste Zerstörungsorgie der Filmgeschichte, welche in der zweiten Hälfte jedoch an den eigenen Klischees und Wiederholungen Schiffbruch erleidet.

ca. 6 von 10 Punkten


Donnerstag, 19. November 2009

Paranormal Activity (Kino Review)



Paranormal Activity

Man soll sich ja bekanntlich nicht von Hypes anstecken lassen. Trotzdem habe ich heute beschlossen, Paranormal Activity im Kino etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Der neue Gruselfilm im Doku-Stil aus der USA hat schliesslich lumpige 15'000 Dollar gekostet und sich hartnäckig zum grössten Überraschungserfolg des Jahres gemausert.

Die Story ist ein reinrassiger One-Liner: Ein Pärchen sieht sich in ihrem Haus nachts mit übersinnlichen Ereignissen konfrontiert. Punkt. Mehr braucht Drehbuchautor und Regisseur Oren Peli nicht, um über eineinhalb Stunden klassisches Suspense-Kino zu bieten. Er knüpft dabei an den aktuellen Trend an, indem er den beiden Hauptdarstellern einfach mal die Kamera in die Hand drückt und sein Debütfilm als Homevideo inszenieren lässt. Natürlich, brandneu ist die Idee mittlerweile nicht mehr gerade, nachdem 1999 The Blair Witch Project einen Wahnsinnserfolg im selben Ausmass und mit den selben Mitteln erzielte. Heute scheint die Technik auch in Hollywood langsam angekommen zu sein, begeisterten doch gerade Science-Fiction-Filme wie Cloverfield oder District 9 erst kürzlich das Publikum. "Paranormal Activity" sollte man somit vielleicht eher als Beitrag zum zehnjährigen Jubiläum von Blair Witch sehen, eine Würdigung eines engagierten Filmemachers, der einfach mal etwas in dieser Richtung ausprobieren wollte.

Dass die Mittel des Filmes überaus begrenzt sind, versteht sich von selbst. Doch genau das stellt sich sehr bald als seine Stärke heraus, denn Peli versteht es überaus gut, aus den scheinbaren Makeln gründlich Kapital zu schlagen. "Paranormal Activity" begeistert in erster Linie dadurch, wie sorgfältig und selbstbewusst eine authentische Atmosphäre konstruiert wird, und der Film verweigert die in jedem Slasherfilm obligatorischen und beinahe schon zwanghaft periodisch eingesetzten Gruseleffekte primär nicht deswegen, weil einfach das Geld fehlt, sondern weil er es schlicht nicht nötig hat.
Tatsächlich hält sich Peli über weite Strecken des Filmes zurück - ein wenig zu weit. Langeweile kommt zwar zu keinem Zeitpunkt auf - das verhindern die ehrlich und eingängig gezeichneten Figuren, die absolut überzeugenden Darsteller und die unverbraucht wirkende Situation - aber über weite Strecken entfaltet "Paranormal Activity" nicht den infernalischen Sog, den man sich angesichts der übertriebenen Begeisterung aus den Staaten vielleicht erhofft hätte.

Viel mehr bleibt der Eindruck, als habe man sich über die erste Stunde darauf konzentriert, die Situation zu etablieren und "Kräfte" zu sammeln, um die aufgestaute Spannung gegen Ende auf einen Schlag entladen zu können. Dies funktioniert nach altbekanntem Muster - mache den Zuschauer mit der Umgebung vertraut, bis er sich dort selbst wie zu Hause fühlt und erschüttere dieses Vertrauen in die filmische Realität dann in seinen Grundfesten - aber es funktioniert. Gegen Schluss kann Peli einige Asse in Form von Schockmomenten ausspielen und beeindruckt dadurch, dass er etwa im Gegensatz zu "District 9" dem gewählten Stil bis zum Ende ohne Rücksicht auf Verluste durchzieht.
Überhaupt gefällt an seinem Projekt der Hauch von frischer Morgenluft, den es in die Horrorecke zu transportieren scheint, was für die Zukunft grosse Hoffnungen aufkommen lässt. Denn das Konzept ist noch alles andere als ausgelutscht und bietet weiterhin grosses Potential, das Peil eben nur teilweise ausschöpft. So ist ihm ein erfrischender Beitrag zum Genre gelungen, den man sich am besten in einem möglichst abgedunkelten Raum und ohne viel Vorwissen (allein der Trailer verrät schon zu viel) ansieht. Kein Meilenstein wie Blair Witch, aber ein Film, der schlussendlich garantiert niemanden kalt lässt - nicht mehr, nicht weniger.

"Paranormal Activity" ist ein solider, konsequenter, aber etwas unspektakulärer Gruselfilm.

ca. 7 von 10 Punkten

Freitag, 13. November 2009

Intergalaktische Ähnlichkeiten



Forbidden Star oder Planet Wars?

Als Ergänzung zu meinem Forbidden Planet-Review möchte ich hier auf einen konkreten Aspekt eingehen, der für die Qualität und filmhistorische Bedeutung dieses Filmes spricht: Ohne ihn gäbe es den besten Science-Fiction-Film aller Zeiten vermutlich nicht in der Form, wie wir ihn heute kennen. "Forbidden Planet" gehört nämlich zu den klassischen Vertretern dieses Genres - wie etwa auch Flash Gordon - die George Lucas zwanzig Jahre später bei der Erschaffung seines grandiosen Weltraummärchens ganz entscheidend beeinflusst haben. So bereitet der Film einem alteingesessenen Jedi-Jünger beim Sehen einige Deja-Vues. Die zahlreichen Ähnlichkeiten sind so frappierend, dass von einem Zufall oder einer unbewussten Inspiration keine Rede sein mehr kann. Überzeugen Sie sich selbst:

1. Opening Credits



2. Navigationszentrale



3. Uniformen, Brücke und Deck des Raumschiffs



4. Monitor / Fenster



5. Wüstengebirge



6. Transporter



7. Haus / Zuflucht in der Wüste



8. Alter weiser Mann



9. Roboter-Fehlfunktion



10. Prinzessin eines fernen Planeten



11. Diamant-förmige, mechanische Schiebetüren





12. Kommandozentrale / technische Ausstattung




13. Hologramme





14. Gewaltige Schächte





15. Abwehr-Lasergeschütztürme



16. Durchgebrannte Tür




17. Finale Einstellung




Dass sich Lucas sehr freizügig bei einer breiten Palette von Vertretern der Popkultur bedient hat, ist kein Geheimnis. Und es schadet dem Ruf der alten Trilogie auch nicht, im Gegenteil: Nur so wurde Star Wars zu einem umfassenden, bis heute unvergleichlichen Meisterwerk der Kinounterhaltung, weil es alle Bereiche der westlichen Kultur summiert und auf einen gemeinsamen Nenner bringt. Es mag sich etwas herablassend anhören, aber ein Film wie "Forbidden Planet" verdient allein schon deswegen Respekt, weil er seinen Teil dazu beigetragen hat.

Forbidden Planet (DVD Review)



Forbidden Planet

Ein klassisches und mindestens ebenso charakteristisches Genre Hollywoods ist bis heute der Science-Fiction-Film, da er sich für ein Höchstmass an Illusion und dementsprechend komplizierte und verblüffende Spezialeffekte geradezu anbietet. Dass die Geschichte dieses Genres begann, lange bevor George Lucas zwei quirlige Roboter in der Wüste stranden liess, ist heute kaum jemandem mehr bewusst. Dabei erlebte die Popkultur die erste Blütezeit der "fliegenden Untertassen" bereits in den 50ern - allerdings waren viele Filme dieser Zeit B-Movies und richteten sich an ein eher jüngeres Publikum. Nichtsdestotrotz gab es auch üppig budgetierte Grossproduktionen, wobei Forbidden Planet von 1956 einer der bekanntesten Vertreter darstellt.

Handlung:
Der Raumkreuzers C57D ist auf einer Such- und Rettungsmission unterwegs zum vierten Planeten des Zentralsterns Altair. Dort ist vor zwanzig Jahren das Raumschiff Bellerophon mit Kolonisten verschwunden. Die Crew des Kreuzers kann auf dem erdähnlichen Planeten kein Anzeichen von Zivilisation entdecken - das Raumschiff wird jedoch mit Radar gescannt. Kurz darauf meldet sich ein überlebender Wissenschaftler namens Dr. Morbius, der dem Kapitän rät, nicht auf dem Planeten zu landen. Kapitän Adams ignoriert jedoch die Warnungen. Auf dem Planeten werden sie von Morbius' Roboter Robby begrüßt. Er bringt den Kapitän, den Schiffsarzt Dr. Ostrow und den 1. Offizier Leutnant Farmann zu Dr. Morbius' Domizil. Doch etwas unheimliches lauert auf diesem Planeten.
(frei nach Wikipedia)

Im ersten Moment mag es schwer fallen zu glauben, dass "Forbidden Planet" eine damals astronomische Summe von 5 Millionen Dollar gekostet hat - viel mehr drängt sich aus heutiger Sicht der Eindruck einer billig produzierten, dilettantisch geschriebenen TV-Produktion auf. Natürlich, der Film ist ein halbes Jahrhundert als, dennoch scheint er in viel stärkerem Masse veraltet als beispielsweise Western aus dieser Zeit. Da hat man etwa die eintönigen, grauen Uniformen der "Astronauten", das beinahe schon an Karton erinnernde Raumschiff oder die so offensichtlich gemalte Topographie des fremden Planeten. Weiter wirkt die ganze Vorstellungswelt der futuristischen Entwicklungen hoffnungslos überholt - das reicht von als klassische "flying saucers" gestaltete Ufos bis zu komödiantisch anmutenden Laserwaffen und gipfelt in "Robby the Robot", einer unförmig-anthropomorphen, gänzlich unpraktisch konstruierten und mit vielen blinkenden und summenden Teilen ausgestatteten Blechbüchse, die sich Allzweck-Roboter schimpft. Auch die Erzähltechnik mutet verstaubt an - oftmals scheint das Bedürfnis nach Handlung allein dadurch erschöpft zu sein, dass dem Zuschauer wie in einem Vergnügungspark jede einzelne Attraktion vorgeführt und dabei jedes Mal artig für den "Wow-Effekt" eine Pause eingelegt wird.

Angesichts dieser Aspekte fällt es leicht, den Film zu kritisieren, doch ihn deswegen als B-Movie auf der Stufe von Plan 9 from Outer Space abzuschreiben, zeugt nicht gerade von Fachkenntnis. Fakt ist: "Forbidden Planet" ist ein Blockbuster. Um das zu verstehen, hilft es sich in Erinnerung zu rufen, in welcher Zeit der Film entstanden ist. Die 50er - das war die Zeit, als man in Deutschland Lloyd fuhr und in Amerika aus den "Jukeboxes" Elvis Presley dröhnte. Erstens darf man keine überwältigende technische Voraussicht von einem Film erwarten, der 13 Jahre vor der ersten Mondlandung gedreht wurde, zweitens ist er im Vergleich zu anderen Filmen aus dieser Zeit von geradezu zeitloser Qualität.

Natürlich ist die Tricktechnik auf Gedeih und Verderben veraltet, fühlt man sich jedoch ein wenig hinein, vermag sie auch heute einen ganz eigenen Charme zu entfalten. Tatsächlich wurden die Sets mit grossem Aufwand und Auge fürs Detail gebaut und die gemalten Hintergründe zeugen nach wie vor von futuristischer Schönheit. Dazu kommt, dass die Inszenierung absolut professionell ist und Kameraarbeit und Schnitt bis heute einen makellosen Erzählfluss ergeben. Die sauber restaurierte Bildqualität auf der DVD schadet natürlich ebenfalls nicht, wodurch das Breitbildformat fantastisch zur Geltung kommt. Selbst die Geschichte von "Forbidden Planet" ist an sich gar nicht so plump wie man es vielleicht annehmen könnte, vor allem die Hintergrundstory kann gegen Ende mit einigen interessanten Ideen auftrumpfen.

All dies wiegt jedoch nicht stark genug, um die offensichtlichen Mängel des Filmes zu überdecken. Die Figuren haben etwa so viel Profil wie eine mittelalterliche Heiligenabbildung, die Nebenfiguren werden systematisch zu einzigen Klischees degradiert und psychologische Entwicklungen sind - falls überhaupt vorhanden - ab der ersten Minute vorhersehbar. Es gehört sicherlich zu den unterhaltsamsten Elementen von "Forbidden Planet", Leslie Nielsen bei einem seiner allerersten Leinwandauftritte zuzusehen, das ändert jedoch nichts daran, dass die Figur des Commander Adams eine kantenlose Schablone, ein Weltall-Ritter ohne Fehl und Tadel ist. Etwa im selben Masse klischiert ist die von Anne Francis verkörperte Figur der exotischen Schönheit, eine der unzähligen platten Frauenrollen dieser Zeit, deren einzige festzustellende Veränderung die wechselnde Farbe der getragenen Halskette ist. Einzig Schauspiellegende Walter Pidgeon als Dr. Morbius vermag zu überzeugen.

Es bleibt also festzuhalten, dass "Forbidden Planet" zu jenen Hollywoodwerken gehört, welche dem Lauf der Zeit eher wenig entgegenzusetzen hatten, da in den letzten Jahrzehnten die Vorstellung des Lebens im All, die technischen Möglichkeiten der Filmtricks und die Erzähltechnik starken Veränderungen unterworfen waren. Nichtsdestotrotz stellt er noch heute ein kurzweiliges Vergnügen mit Nostalgiebonus dar und kann gerade von Filmfans und Science-Fiction-Interessierten mit Gewinn angesehen werden.

"Forbidden Planet" ist ein Meilenstein des klassischen Science-Fiction-Films, aber eben auch ein gutes Beispiel dafür, wie schnell Hollywood altert.

ca. 7 von 10 Punkten


Weitere Bilder: