Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull
Nun war es also endlich so weit. Indiana Jones, der peitschenschwingende Archäologe, der Held einer ganzen Generation, der damals den Abenteuerfilm neu erfunden hat, ist nach 19 Jahren zurück. Die Erwartungen waren gross, die Befürchtungen ebenso.
Die Kritiker nahmen den Film dann auch eher verhalten auf. "Kein Meisterwerk", ist man sich einig. Manche gehen sogar soweit und rufen "Jetzt ist's genug!". Und tatsächlich, man muss zugeben, dass Indy 4 einiges an Angriffsfläche bietet. Die entscheidende Frage ist aber: Was hat man erwartet?
Am meisten im Kreuzfeuer der Kritik befindet sich wohl die Story des Filmes. Sie sei zu unlogisch, zu haarsträubend, zu langweilig, zu altmodisch. Und auch ich muss sagen: Stimmt teilweise. Gross spannend ist die Handlung tatsächlich nicht, auf jeden Fall haut sie niemanden vom Sockel. Die Kristallschädel-Geschichte ist nichts atemberaubendes und wird mir ganz gegen Schluss sogar deutlich zu haarsträubend. Und auch sonst haben sich im Laufe des Filmes ein paar doofe Szenen eingeschlichen, allen voran die mit der Bombe. Einfach lächerlich! Und trotz allem reicht es nicht, den Film deswegen zu steinigen. Die Überraschung für mich ist nämlich, dass das alles im Endeffekt gar keine grosse Rolle spielt.
Viel gewichtiger schlägt schlussendlich die Tatsache aus, dass Spielberg ganz einfach weiss, was einen Indy-Film ausmacht. Er nimmt sich die unerhörte Freiheit, einen Film praktisch rein für Fans zu machen, und lacht somit dem modernen Kino lauthals ins Gesicht. Das, Mr. Spielberg, ist einfach grossartig.
Auf der storytechnischen Ebene leistet er sich zwar wie gesagt ein paar nicht wegzuschweigende Patzer, bleibt aber im Ganzen den alten Teilen treu. Dazu gehören fantastische Schauplätze, mystische Kulturen, Übersinnliches, lange Verfolgungsjagden, feindliche Schergen, viel Witz und jawohl, auch Logiklöcher. Klassische Elemente halt. Es wird auch auf eine intelligent aufgebaute, irgendwie verzwickte Story verzichtet, stattdessen sehen wir wirklich eine Abenteuergeschichte, die linear und fliessend vorwärtsgeht, von Szene zu Szene, von Schauplatz zu Schauplatz.
Und dann diese Inszenierung: Nostalgie pur! Wir schreiben schliesslich das Jahr 1957 und es herrscht der gute alte kalte Krieg. Schon die erste Szene, wo im Hintergrund Elvis Presley erklingt, macht klar: Spielberg hat hier absichtlich altmodisch gedreht. Der ganze Film ist tatsächlich auf alt "gefaket". Es ist kaum zu glauben, aber es wurden Aussenszenen so gedreht, dass sie wie im Studio gedreht aussehen, Nachtszenen wurden ganz offensichtlich künstlich belichtet, Shia LaBeoufs erster Auftritt ist ein reines Marlon Brando-Zitat. "Hä?" denkt sich da der zeitgenössische Filmfreund, "Grandios!" jubelt der Nostalgiker. Dazu kommt der omnipräsente Indy-Humor und grossartig klassische Indy-Actionszenen wie der Ameisenangriff, und fertig ist ein richtiges Indy-Feeling, das dem Fan das Herz höher schlagen lässt.
Die Schauspieler darf man natürlich auch nicht vergessen. Hier ist die Sache leider etwas zwiespältig.
Ray Winstone, sonst immer ein Plus, hat hier nicht seine grosse Stunde, geschweige denn eine interessante Rolle. Er kommt sehr blass rüber, leider. Auch Karen Allen hat mich nicht überzeugt, aber ich fand sie schon im ersten Teil nicht unbedingt grandios. Ebenfalls eine Enttäuschung ist Cate Blanchett. Eigentlich eine der besten Schauspielerinnen der Gegenwart, kommt sie hier mit ihrem overacting als böse Russin nicht gerade gut an. Als nervend würde ich sie jetzt nicht bezeichnen, allenfalls als durchschnittlich. Was somit meilenweit unter ihrem gewöhnlichen Niveau ist.
Die erfreulichste Überraschung im Cast ist, nach Transformers einmal mehr, Shia LaBeouf. Der Junge beweist in meinen Augen einmal mehr, dass er das Zeug zu einem ganz grossen Star hat. Seine Darstellung ist nicht nur sehr sympathisch und erfrischend, es stimmt auch einfach die Chemie zwischen ihm und Ford, was den Film über weite Strecken zu tragen vermag.
Und nun eben, at last but not least: Harrison Ford. Er ist alt geworden, unser Indy. Aber er bleibt Indy. Auch wenn er etwas Startschwierigkeiten hat, kommt er sehr bald wieder wie ins seine zweitbeste Rolle hinein, spielt den Schatzjäger selbstironisch und souverän wie eh und je. Er ist einfach das Herz des Filmes. Und dieser vierte Film fügt sich somit ohne grosse Schwierigkeiten in die alte Reihe ein. Well done, Mr. Spielberg! Und schlussendlich bleibt die Frage offen nach einer Fortsetzung, nach Indy's Erbe. Ich weiss nicht, ob das wirklich nötig wäre, denn die Quadrilogie kann für mich persönlich auch ganz gut so stehen bleiben. Wir werden sehen.
Mit "Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull" bietet Steven Spielberg einen altmodischen Abenteuerfilm mit einer etwas brüchigen Story und einem unsterblichen Harrison Ford. Kein Meisterwerk, aber hervorragende Unterhaltung. Für Fans. Welcome back, Dr. Jones!
abgerundet ca. 7 von 10 Punkten
Achja, meine Reihenfolge:
1. Indiana Jones and the Raiders of the Lost Ark
2. Indiana Jones and the Last Crusade
3. Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull
4. Indiana Jones and the Temple of Doom
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