Psycho
Man nimmt ja oft etwas Sicherheitsabstand von den alten schwarzweissen "Klassikern", weil man sich so sehr an das moderne Hollywood-Kino gewöhnt ist. Zu unrecht, denn wenn man sich etwas auf sie einlässt, können viele von ihnen noch heute faszinieren und fesseln. Die Filme von Regie-Grossmeister Alfred Hitchcock gehören da auf jeden Fall dazu. Und wenn man von Hitchcock spricht, kommt sofort immer ein Name ins Spiel: Psycho.
Die Duschszene. Das Anwesen. Norman Bates. Kult hoch drei. Jeder, der sich etwas eingängier mit Filmen beschäftigt, hat schon einmal von diesen Dingen gehört/gesehen und weiss, zu welchem Film sie gehören. Mit seinem Horror-Thriller "Psycho" hat Hitchcok 1960 einen Meilenstein geschaffen und die amerikanische Kunstszene nachhaltig beeinflusst.
Es stellt sich die Frage, was man von einem "Horror"-Film dieser Zeit erwarten kann. Selbstverständlich keinen ultraharten Slasher, denn man muss sich doch auch etwas bewusst machen, wie das damals war, was man sich damals von Filmen gewöhnt war. Natürlich gab es schon Horrorfilme, schaurig-fantastische, heute unfreiwillig lächerliche Filme von Vampiren und Monstern. Den Geniestreich, den Hitchcock vollführte, war den Horrorfilm wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.
Die Sekretärin Marion Crane kann eines Tages der Versuchung nicht widerstehen und veruntreut 40'000 Dollar von ihrem Chef. Sie flüchtet panisch aus der Stadt und nach einer ermüdenden Autofahrt landet sich in einer regnerischen Nacht bei einem verlassenen Motel im Nirgendwo, das von dem jungen kauzigen Norman Bates geführt wird. Sie fühlt sich in Sicherheit, doch der Schein trügt.
Möglicherweise fragen sich manche, was an dem Film dermassen wegweisend sein soll. Die Frage ist erlaubt. Denn viele Elemente sind heute so selbstverständlich, waren es aber damals keineswegs. Techniken des Handlungsaufbaus, der Belichtung, des Schnitts und der Montage (Duschszene!) beherrscht Hitchcock hier in visionärem Ausmass und setzt sie grandios ein. Alles schön und gut, aber warum waren die Kinobesucher damals deswegen so schockiert?
Wie schon erwähnt, spielte sich Horror bis zu diesem Zeitpunkt in fantastischen Schlössern und dunklen Höhlen ab. Hitchcock nun spielt genial mit der Erwartungshaltung des Zuschauers und fällt ihm urplötzlich in den Rücken. Er holt den Horror von fernen Orten in die eigenen vier Wände, wo sich der Zuschauer sicher geglaubt hat, holt ihn in verlassene Motels und sogar unter die eigene Dusche. Indem er den psychopathischen Serienkiller auf der Leinwand belebt, macht er Horror zu etwas realem, etwas vor dem man nicht fliehen kann, und somit etwas viel beängstigenderem. Er begründet den psychologischen Horror.
Und zu all dem filmhistorischen Einfluss mach es sogar heute noch Spass, den Film anzusehen. Die Szenerie des Motels und des Anwesens ist unglaublich atmosphärisch, Anthony Perkins faszinierend, die Montage zeitlos und die Geschichte aus heutiger Sicht zwar etwas gewohnt, aber trotzdem spannend.
"Psycho" ist ein spannender, atmosphärischer Thriller, der den Grundstein für den heutigen Horrorfilm legte und mit einem der besten Antagonisten der Filmgeschichte aufwartet.
ca. 9 von 10 Punkten
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