Mittwoch, 12. November 2008

Quantum of Solace (Kino Review)



Quantum of Solace

Mein Name ist Bond, James Bond. Seit über 40 Jahren und 21 Filmen haben wir diesen Satz nun schon regelmässig auf der Leinwand gehört. Viel hat sich gewandelt seither, mal wurde der Doppelnull-Agent von einem Engländer verkörpert, mal von einem Schotten, mal von einem Walisen; und auch die Story spielte mal hier, mal da, während die Bösewichte zwar stets hinterlistig und schlau genug waren, um die Welt an den Rand des dritten Weltkrieges zu bringen, aber immer so hochmütig, damit sie dem gefangenen Bond im letzten Moment ihren Plan haargenau erläuterten. Die guten alten Zeiten. Doch seit zwei Jahren weht ein neuer Wind, seit mit Casino Royale ein fulminanter Neustart der Serie vorgelegt wurde. Die Erwartungen an Quantum of Solace vom Schweizer Regisseur Mark Forster sind dementsprechend hoch.

Handlung:
Die Handlung des Films beginnt eine Stunde nach dem Ende des Vorgängerfilms Casino Royale. Bond hatte während dieser Stunde Mr. White gefangen genommen. Der Film beginnt mit einer Auto-Verfolgungsjagd quer durch Norditalien, die in Siena endet.[3] Während er von Bond und M verhört wird, eröffnet White, dass seine Geheimorganisation Agenten sowohl in den britischen Geheimdienst MI6 als auch in die amerikanische CIA eingeschleust hat. In diesem Moment schießt der Leibwächter von M auf Bond und M und flüchtet. Bond verfolgt ihn und tötet ihn letztlich. Als er zurückkehrt, ist White geflohen.
Im Verlaufe des Films besucht Bond neben Siena Orte auf Haiti, wo er einen weiteren Verdächtigen tötet, Bregenz, wo er im Rahmen der Opernfestspiele durch einen geschickten Schachzug mehrere Komplizen und Verbündete von Greenes Organisation Quantum enttarnen kann. Sein Gegenspieler Dominic Greene versucht, den entlassenen General Medrano als Staatsoberhaupt von Bolivien einzusetzen. Dieser Plan steht unter dem Schutz des eingeweihten CIA, der sich im Gegenzug Ölvorräte für die USA ausrechnet. Als Gegenleistung für seine Hilfen soll Greene ein offenbar wertloses Stück Land bekommen.
(frei nach Wikipedia)

Eigentlich gibt es wenig zu sagen über diesen neuen Bond. Abgesehen von der Frage der Indentität, die im Raum steht - aber dazu später mehr - unterhält er die für grösste Zeit tadellos und ist sein Kinoticket wert. Aber es bleibt erstaunlich wenig hängen von diesem "Schweizer" Bondfilm.
Ich hätte nicht gedacht, diese Worte jemals in den Mund nehmen zu müssen, aber das unter anderem unbestreitbar die Schuld von Paul Haggis. Leider hat sich der Drehbuchautor und zweifache Oscarpreisträger Haggis, der grossartige Filme wie Million Dollar Baby, L.A. Crash und Letters from Iwo Jima mit ebenso grossartigen Scripts veredelte, hier einen Fehltritt geleistet. Hat er doch in "Casino Royale" noch so gute Arbeit geleistet, enttäuscht er dieses Mal und macht den Eindruck, als ob er etwas ungelaunt und ideenlos bei der Arbeit gewesen wäre. Zwar versucht er redlich, dem Charakter Bond noch mehr Profil zu geben, was in einigen Szenen auch bemerkenswert klappt - eine solche Nähe zum Geheimagenten hat der Zuschauer in den alten Filmen nie gespürt - und insgesamt wirkt Bond noch zerrissener, noch gespaltener. Aber das kann nicht darüber hinweghelfen, dass die Story des Filmes zweitweise arg enttäuscht. 

Zu Beginn wird man lieblos und ziemlich unsorgfältig in die direkt an den Vorgänger anschliessende Actionsequenz geworfen, und denen, die ob den schnellen Schnitten nicht ganz mitkommen, wird es wohl bald so vorkommen, als hechte der Film von einer Actionszene zur nächsten. Gegen die Mitte wird er dann etwas ruhiger und nimmt auch mehr Fahrt auf, ist spannend, voller Überraschungen und hie und da schleicht sich sogar echtes Bond-Feeling hinein. Doch schon ist der gelungene Mittelteil auch wieder vorbei und es geht auf das Showdown zu, welches den Zuschauer nicht lange lange aufhält, mit dem Bösewicht, welcher ebenfalls nicht die Klasse wie auch schon hat, kurz angebunden Schluss macht und uns nach mickrigen 106 Minuten sitzen lässt, etwas unbefriedigt. Langweilig ist der Film gewiss nie, dazu ist er viel zu spannend und actiongeladen, und einige starke Szenen sind tatsächlich auch vorhanden.
Trotzdem muss man der Tatsache in das Tosca-Auge sehen, dass dieser zweite Craig'sche Bond gegenüber "Casino Royale" deutlich abfällt. Und da weder Craig selbst noch die Aufmachung so viel schlechter geworden sein kann, muss man den schwarzen Peter wohl wirklich dem Drehbuch zuschieben. An der Inszenierung von Foster kann es deshalb kaum liegen, weil diese durch eine wuchtige, schnörkellose und harte Art überzeugt. Sie ist keineswegs aussergewöhnlich oder herausragend, aber sauber und stilsicher, wodurch der Film optisch sehr wohl an den Letzten anzuknüpfen vermag.

Auch Daniel Craig - seine Kanalarbeitervisage muss man natürlich noch immer nicht mögen - überzeugt in schauspielerischer Hinsicht, die Bondgirls sind ansprechend gecastet und die Drehorte sowohl exotisch als auch wirkungsvoll in Szene gesetzt. Es fehlt der Handlung insgesamt einfach zeitweise der Drive und die Dialoge sind im Vergleich mit den Wortgefechten zwischen Bond und Vesper zu unelegant, zu uncharmant, zu ungeschliffen. Und dabei reissen nicht einmal die guten alten Actionszenen irgendjemanden wirklich vom Hocker, seien sie in noch so grosser Zahl vertreten. Auch hier hatte "Casino Royale" bessere Karten, weil sie da einfallsreich, fesselnd und ausnahmslos atemberaubend waren. Im Neuen fehlen hier die Ideen, die ihnen Frische verliehen hätten, und so sind sie zwar allemal gut und teuer gemacht, aber schlicht zu wenig ausgefallen.

War das nicht auch etwas von den Dingen, die wir so an den alten Bonds schätzten? Die Verfolgungsjagden, bei denen über Dächer gesprungen, Hubscharuber vom Himmel geholt und massenweise physikalische Gesetze gebrochen wurden, dank denen man irgendwo im Film einschalten konnte und sofort Bescheid wusste. 
Vielleicht ist dies auch das allgemeine Problem von diesem Bond. Er bietet eigentlich nichts mehr davon, was die alten Filme über so lange Zeit ausgezeichnet hat. Dies ist sehr wohl von den Machern beabsichtigt und man bemerkt durchaus noch, hier einen Bond vor sich zu haben, aber auch dies vor allem deswegen, weil der Name im Vorspann steht. Es steht wohl ausser Frage, dass die Serie eine Renovierung dringend nötig hatte, was in "Casino Royale" auch vielversprechend begonnen wurde. Aber wenn Craigs neuer Bond, dieser beinharte, humorlose und grimmige Killer und Schläger, schon in seinem zweiten Film etwas ausgelutscht und altbekannt wirkt, hat man sich wohl etwas mehr erhofft. Es bleibt der Eindruck, dass "Quantum of Solace" munter die Markenzeichen-Elemente der Vergangenheit über Bord wirft und es versäumt, sie mit Neuem zu ersetzen. Deshalb ist er noch lange kein schlechter Film, aber - abgesehen von der breitgewalzter Marketing-Kampagne - auch kein wirklich besonderes Kinoerlebnis.

Wir stehen also vor einem gewisses Dilemma: Zwar hat sich der neue Bond mit diesem zweiten Anlauf klar positioniert und weiss genau, was er will, verliert aber gewissermassen immer mehr seinen Adelstitel, seine Vormachtstellung. Anders gesagt: Indem die Macher Bond haben erwachsen werden lassen, ist er aus seiner vertrauten ökologischen Nische herausgewachsen und sieht sich nun im Sumpf der uneingeschränkten, gnadenlosen Konkurrenz plötzlich anderen grossen "B-Actioner" gegenüber. Und gegen Bourne und Batman muss der Geheimagent ihrer Majestät den Kürzeren ziehen. Schade.

Es bleibt noch die Hoffnung, dass sich dieser 22te Bond mehr als ein Lückenfüller, Einwärm- und Brückenfilm herausstellt, der seine Kräfte sammelt für einen kommenden wirklich grossen Kracher. Aber auch das ist nur ein Quantum Trost.

"Quantum of Solace" ist ein spannender, kurzweiliger Actionfilm, der abgesehen von einer teuren Inszenierung und seinem Markennamen kaum mehr aus der Masse heraussticht.

abgerundet ca. 6 von 10 Punkten

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