Samstag, 1. November 2008

The Patriot (DVD Review)



Der Patriot


Roland Emmerich, der erfolgreichste deutsche Export in Hollywood, hat eigentlich alles gedreht, von Science Fiction über Action bis zu Fantasy. Spätestens nach seinem Mega-Erfolg Independence Day 1996 standen ihm alle Türen offen und auch bei The Patriot wurde ein Budget von 110 Millionen Dollar bewilligt.

Handlung:
Der Witwer Benjamin Martin lebt zur Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs (1775 bis 1783) mit seinen sieben Kindern auf einer kleinen Plantage in South Carolina. Er versucht, seine Vergangenheit als grausamer Kriegsheld zu vergessen. Um seine Stimme für den Krieg gegen die Engländer gebeten, lehnt er seiner Familie wegen ab. Sein ältester Sohn Gabriel jedoch schließt sich, ohne Erlaubnis seines Vaters, den amerikanischen Truppen an. Jahre später kehrt er, unterwegs in wichtiger Mission, kurzfristig zu Hause ein. Als die Plantage von den Briten durchsucht wird, nehmen sie Gabriel als Spion gefangen. Dabei wird Thomas, sein etwas jüngerer, ebenfalls kriegsbegeisterter Bruder von Colonel William Tavington getötet und die Farm niedergebrannt. Verstört, nimmt Benjamin die Verfolgung auf, befreit Gabriel und sieht sich schon bald unfreiwillig in der Position eines Kriegshelden.
(frei nach Wikipedia)

Roland Emmerich ist berühmt und berüchtigt dafür, dass er amerikanischere Filme drehen kann als die meisten Amerikaner selber. So hat man vielleicht etwas wie eine ungute Vorahnung, wenn ein Film namens "Der Patriot" von ihm ansteht. Keine Sorge, ich kann Entwarnung geben - zumindest teilweise. Trotz zahlreichen Schwächen ist Emmerich ein nicht zu unerträglicher Film gelungen, über einige Strecken sogar ein richtig guter.
Doch beginnen wir einmal bei den Schwächen. Diese liegen vor allem im Drehbuch von Robert Rodat. Einerseits atmet es die gleiche Luft wie die guten alten Historienepen der klassischen Hollywoodära - was sicher daher zu loben ist, dass die Geschichte frei erfunden ist - anderseits überzeugt es im Detail oft nicht wirklich. Charaktereinführungen werden mit wenig Sorgfalt vorgenommen, sondern sehr bald auf einige bestimmte Eigenschaften und die entsprechende Funktion festgenagelt. Genauso wie viele Dialogszenen sind sie bloss Mittel zum Zweck; nach dem Motto "muss man halt". 
Nicht erst seit Braveheart wirkt es etwas klischiert, wenn das Familienidyll von Benjamin mit emotionaler Dichte illustriert wird und natürlich ist dies nur deshalb da, um der Hauptfigur für den Rest des Filmes die grösste Motivation auf Erden mitzugeben. Auf vielschichtige Charaktere, interessante Dialoge und überraschende Entwicklungen legt Rodat wenig Wert und es gibt über den ganzen Film immer wieder Szenen, die nach Schema X ablaufen und so aus dem Lehrbuch kopiert worden sein könnten.

Natürlich ist das Drehbuch solide und funktioniert meistens ganz gut, nur ist es schlicht Schuld, dass der Film nie die erzählerische Tiefe erreicht, die er verdient hätte. Denn das lieben wir doch alle, diese grossen, emotionalen und epischen Geschichten von Krieg, Verrat, Liebe, Vertrauen etc, diese Stoffe, für die Bombastkino gemacht wurde. Und genau das bringt "Der Patriot" teilweise richtig gut rüber. Es mag ein Weilchen dauern, bis man sich wirklich in die Geschichte hineinfühlen kann, aber dann entfaltet der Film eine Faszination, die er bis zum Schluss aufrecht zu erhalten vermag. Emmerich scheint sich auch wirklich mehr für die Szenen interessiert zu haben, in denen wirklich etwas geschieht, und gibt es dann auch viele Schlachten und Kämpfe und Kriegstreibereien, die keine Wünsche offen lassen.
Erstaunlich ist, wie gut "Der Patriot" die enorme Laufzeit von 165 Minuten verträgt. Mehr, sie steht ihm sogar richtig gut zu Gesicht, und richtige Langeweile kommt zwischen den zahlreichen, mehr oder weniger abwechslungsreichen Episoden der Geschichte kaum jemals auf. Von daher wäre vor allem im Bereich der Figuren und dramatischen Elemente noch einiges an Potential vorhanden gewesen. Wirklich schade, dass die Löcher nicht mit durchdachtem, interessantem Hintergrund gefüllt wurden, sondern mit etwas lieblosem Füllmaterial. Dazu kommt selbstverständlich die ganze Bandbreite von Klischees vom hochmütigen gegnerischen General über die heimliche Liebe bis zum Quotenschwarzen.

Auch Benjamin selber ist als Charakter nicht besonders überzeugend. Zwar wird redlich und tapfer versucht, sein zwischen Pflichtgefühl, Familienliebe und Schatten aus der Vergangenheit zerrissenes Inneres und seine Wandlung glaubhaft und interessant darzustellen, dies scheitert jedoch bald, unter anderem daran, dass der gute Mel Gibson (Mad Max) so spielt wie er immer spielt. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Dafür ist Jason Issacs als Gegenpart herrlich fies gelungen und durchaus auch eine glaubhafte Figur. Heath Ledger hat eine ziemlich einseitige Rolle, wirkt aber sehr sympatisch und seit The Dark Knight sage ich sowieso kein schlechtes Wort mehr über ihn.

Und schlussendlich kann man doch eh alle Schwächen bei den Charakteren verzeihen, angesichts dieser grandiosen Bilder. Denn was "Der Patriot" wirklich ausmacht, ist die Inszenierung von Emmerich. Mal befinden wir uns in strömendem Regen, mal in meterdickem Schnee, mal in strahlendem Sonnenschein, mal befinden wir uns auf endlos grünen Wiesen, mal in laublosen Wäldern, mal in nebligen Sümpfen. Die schillernden Schauplätze wurden allesamt sehr geschickt gewählt und höchst atmosphärisch in Szene gesetzt, was dazu führt, dass der Zuschauer je länger je mehr gefesselt, in die Zeit von damals zurückversetzt wird. Auch die grossspurige Filmmusik von John Williams ("Star Wars", "Schindler's Liste"), die Kostüme, die Kulissen und natürlich vor allem die grossartigen Schlachtszenen müssen ebenfalls erwähnt werden.
Die Kämpfe sind schon alleine deswegen das beste am Film, weil hier hie und da etwas aufblitzt, dass der ganze Film nötig gehabt hätte; nämlich einen interessanten Ansatz. Denn wenn sich Engländer und Amerikaner in geometrisch perfekten Reihen gegenüber aufstellen, nur durch die Farbe unterscheidbar, aufeinander zuschreiten und einander schlicht stur niedermähen, dann wird einem ansatzweise bewusst, was die Sinnlosigkeit eines Krieges, die Absurdität einer solchen Situation bedeutet. Nein, deswegen ist "Der Patriot" noch lange kein Anti-Kriegsfilm, aber er geht in diesen Szenen, die übrigens auch recht brutal gezeigt werden, zumindest in die richtige Richtung. Und viel mehr kann man ja auch nicht erwarten.

Leider gibt es aber eben auch das Gegenteil, nämlich die gefürchteten, kaum ertragbaren, "amerikanisch"-kitschigen Szenen, die so in dem Masse einfach nicht nötig gewesen wären. Wenn der Vater in endloser Zeitlupe über der Leiche des Sohnes kauert und wenn dann doch wieder die Familie in himmlischer Einigkeit zusammenfindet, dass ist das manchmal einfach zu viel. Denn, ich erwähne es zum dritten Mal, aus diesem Stoff und mit diesen Bildern hätte man ein grandioses Epos schaffen können. Mit seinen unspektakulären Charakteren, seinen Klischees und seinem Hang zur übertriebenen Emotionen ist Emmerich jedoch "nur" ein guter Film gelungen.

"Der Patriot" ist grosses, emotional packendes Historienkino mit einigen unerträglich pathetische Szenen. 

ca. 7 von 10 Punkten


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