Samstag, 27. September 2008

The Usual Suspects (DVD Review)



The Usual Suspects

Bryan Singers erstes grosses Werk Die üblichen Verdächtigen ist ein Stammgast in Listen der besten Filme aller Zeiten und auch sonst ist der Kriminalthriller von 1995 ein in den meisten Kreisen hoch geschätzter Film. Das war für mich natürlich Grund genug, voller Erwartungen die DVD reinzuschieben. Doch wieder einmal habe ich einen Punkt gefunden, wo sich meine Meinung nicht mit der der Allgemeinheit deckt.

Der größte Teil der Handlung wird von dem körperbehinderten Kleinkriminellen Verbal Kint (Kevin Spacey) in einem Polizeibüro bei einem Verhör nacherzählt und in Rückblenden gezeigt. Dieser wurde verhaftet, weil er einer der wenigen Überlebenden einer Schiffsexplosion mit 27 Toten ist. Kint war Teil einer losen Verbindung von fünf Kriminellen, die sich in der Untersuchungshaft kennenlernten und mit denen er einige gut organisierte Überfälle erledigte. Der letzte dieser Jobs war eine Auftragsarbeit auf dem Schiff für den mysteriösen Gangsterboss Keyser Soze, von dem niemand weiß, ob es ihn überhaupt gibt. Was ist auf dem Schiff wirklich geschehen?
(frei nach Wikipedia)

"The Usual Suspects" (der Titel ist eine Anspielung auf den Klassiker Casablanca) ist sicher kein schlechter Film. Im Gegenteil, er ist spannend, teilweise sehr spannend, temporeich und unterhaltsam. Kevin Spacey, nicht mein Lieblingsschauspieler, spielt wirklich ganz schön fies, Gabriel Byrne ist schon beinahe fantastisch und auch der restliche Cast vermag mehr oder weniger zu überzeugen. Das Drehbuch ist absolut sauber geschrieben, besticht durch eine nette Erzählstruktur, farbige Charaktere und eine abwechslungsreiche Handlung. Auch Singers Umsetzung lässt sich sehen, auch wenn ihr das gewisse etwas fehlt, das sie aussergewöhnlich gemacht hätte. Und das trifft irgendwie auch auf die restlichen Aspekte dieses Filmes zu. Natürlich, er ist ein klassischer, künstlich verschachtelter Thriller mit etwas Film Noir-Touch und solche sieht man immer gerne, aber das ist auch nichts neues. Nichts bahnbrechendes. Deswegen kann ich schlicht und einfach nicht verstehen, warum "The Usual Suspects" auch nur annähernd einer der besten Filme aller Zeiten sein sollte.

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich vor allem von der Endauflösung enttäuscht wurde. Viele scheinen genau wegen dieser so begeistert von dem Film zu sein, und sie wird auch gemeinhin als eine der furiosesten der Filmgeschichte angepriesen. Das weckt Hoffnungen auf etwas ähnliches wie Memento oder Psycho. Doch in diesen Sphären bewegt sich der Film nicht. 

[Im folgenden Absatz sind extreme offene Spoiler enthalten]

Vielleicht liegt es ja wirklich nur an mir. Denn etwa in der Hälfte des (ja recht kurzen) Filmes, als die mystische Figur des Keyser Soze immer mehr ins Zentrum rückt und sich irgendwann alles nur noch um die Frage seiner Indentität dreht, begann ich die Vermutung zu hegen, dass Kint, dieser Schelm, wahrscheinlich hinter allem steckt. Und siehe da! Es kommt wie es kommen muss, mit einem riesigen Trara wird die Indentität von Soze aufgedeckt und der Zuschauer soll vor erfürchtiger Überraschung erstarren. Von wegen. Wenn der ganze Film von einer Person erzählt wird und sich der Kreis der Verdächtigen auf die bekannten fünf beschränkt, dann ist es nun wirklich kein weit hergeholter Gedanke, dass der unscheinbare, hilflose Erzähler eigentlich der Böse ist. Zudem ist das eine Masche, die in diesem Genre uralt ist und schon von Arthur Conan Doyle mit seinen Sherlock Holmes-Geschichten ausgiebig betrieben wurde. 

[Spoiler Ende]

Von daher muss ich sagen, dass mir "The Usual Suspects" zu durchschaubar war. Die Endauflösung ist zwar ganz nett präsentiert und glänzt immerhin durch viele feine Details, wird dem Ruf des Filmes aber nicht gerecht. Dazu kommt, dass ich am Ende das Gefühl hätte, das Ganze sei etwas belanglos. 106 Minuten lumpenreine Unterhaltung, aber nicht mehr. Ein Quickie auf ziemlich hohem Niveau.
Eventuell als Entschuldigung in Betracht ziehen könnte man noch, dass er 1995 wohl eine gewisse Pionierstellung hatte und viele Filme dieser Sorte nach sich zog, die das System heute etwas ausgelutscht erscheinen lassen. Aber das ändert nichts daran, dass mich "The Usual Suspects" nicht umgehauen hat. Wahrscheinlich waren die Erwartungen schlicht zu hoch. So oder so, er ist trotzdem ein wirklich guter Film.

"The Usual Suspects" ist ein gut gespielter, gut inszenierter und gut geschriebener Thriller, der in allen Belangen nicht über "gut" hinauskommt, weil er zu belanglos ist.

ca. 7 von 10 Punkten


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1 Kommentar:

Alan_Mattli hat gesagt…

Bei mir ist der Film in meiner Bestenliste eine feste Grösse. Vor allem dank Kevin Spacey, der - abgesehen von "Se7en" - hier seine beste Leistung zeigt.