Sonntag, 14. September 2008

Pleasantville (DVD Review)



Pleasantville

David (Tobey Maguire) und seine Schwester Jennifer (Reese Witherspoon) sind typische Teenager der 1990er Jahre. Ihre Eltern sind geschieden und auch ihre Beziehungen zu Freunden verlaufen nicht problemlos. David kompensiert seine Einsamkeit mit seiner Leidenschaft für Pleasantville, eine schwarz-weiße Seifenoper aus den 50ern, während Jennifer, aktiver und abenteuerlustiger als ihr Bruder, ihre Probleme bei verschiedenen Männern zu vergessen sucht. Pleasantville ist ein kleiner, scheinbar perfekter Ort, wo jeden Tag die Sonne scheint und die Menschen freundlich und respektvoll miteinander umgehen. Nach ihrem Streit, wer denn nun den Fernseher nutzen darf, befinden sich die Geschwister plötzlich wie durch ein Wunder in der Fernsehserie Pleasantville, wo David die Rolle von „Bud Parker“ und Jennifer die der „Mary-Sue Parker“ übernimmt. Während David, der sich als großer Fan natürlich in dieser Welt der Serie auskennt, nachdem sie sich etwas mit der Lage abgefunden haben versucht, „Bud“ perfekt zu spielen und die Regeln von Pleasantville einzuhalten, um so die Unschuld und Naivität seiner Bewohner zu erhalten, lässt sich Jennifer keine Gelegenheit entgehen, sich selbst auszuleben und bringt so das kleine, scheinbar perfekte Städtchen gehörig durcheinander.
(frei nach Wikipedia)

Gary Ross ist ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Der Regisseur, Produzent und Drehbuchautor hat bisher gerade mal zwei Filme gemacht, nämlich Seabiscuit und eben Pleasantville, beide mit Tobey Maguire (Spiderman) in der Hauptrolle. Nichtsdestotrotz sieht man es dem Film in jedem Moment an, dass jemand hinter der Kamera sass, der etwas von seiner Sache versteht. So legt Ross seinem Film ein ziemlich ungewöhnliches Konzept zu Grunde und führt es mit viel Sorgfalt aus. Zu Beginn zeigt er mit viel Ernsthaftigkeit, warum David nur zu gerne tagtäglich in die Fernsehserie flüchtet. Egal ob in der Liebe, zu Hause oder in der Schule, wo der Teenager von düsteren Prognosen für die Menschheit erschlagen wird: Probleme, Probleme und nochmals Probleme. Pleasantville als überzeichneter Amerikanischer Traum scheint da der perfekte Ausweg. Doch natürlich ist es das nicht. 
Mit subtilem Humor, einem Sprutz Bissigkeit und viel verträumter Romantik demontiert Ross Schritt für Schritt die seelenlose, schwarzweisse Welt der Fernsehserie (etwa bestehen die Bücher nur aus leeren Seiten und die Strassen hören ausserhalb der Stadt einfach auf). Sehr bald nach dem Erscheinen von David und Jeniffer beginnt die scheinbar perfekte Ordnung zu bröckeln und das ewig gleiche Städchen beginnt sich zu verändern. Am Anfang dieses Prozesses steht der Verlust der Unschuld, aber mit der Zeit kommen immer mehr Gefühle ans Tageslicht: Liebe, Neugier, Wissensdurst, Fantasie, Kunst, Angst, Hass, Gewalt. Und mit jeder neuen Facette, die das Leben gewinnt, mit jedem Schritt, den Pleasantville die Treppe zur individuellen Entfaltung hinaufsteigt, wird es ein bischen farbiger. Das ist zuweilen recht kitschig in Szene gesetzt, passt aber zur verträumten Art des Filmes. Und zum Kontrast karrikitiert Ross vor allem in der zweiten Hälfte, wie sich die Erwachsenengeneration gegen die Revolution der Jungen zu wehren sucht. Sehr bald hängen in den Läden "No Coloreds"-Schilder und es werden Farben, ausgelassene Musik und öffentliche Zärtlichkeiten verboten, was "Pleasantville" einen grandiosen satirischen Aspekt gibt. Farben stehen hierbei symbolisch für die Fähigkeit, sich zu verändern, wovor viele Angst haben. Gary Ross selbst sagte dazu:

"This movie is about the fact that personal repression gives rise to larger political oppression...That when we're afraid of certain things in ourselves or we're afraid of change, we project those fears on to other things, and a lot of very ugly social situations can develop."

Diese Botschaft und Vielschichtigkeit des Filmes funktioniert deshalb so gut, weil sich Ross als Regisseur auf sein eigenes, durchdachtes Drehbuch stützen kann und eine harmonische Verbindung von Inhalt und Form schafft. Bemerkenswert sind dabei natürlich in erster Linie die Farbmasken, die über das Bild gelegt werden und es selektiv kolorieren. Dieses Prinzip wurde später zwar in Sin City noch beeindruckender eingesetzt, überzeugt hier aber absolut und macht "Pleasantville" zu etwas Einmaligem. 
Die Schauspieler sind durchweg gut besetzt und erfüllten ihre jeweilige Funktion sauber. Tobey Matuire ist immer noch kein grossartiger Schauspieler, kommt aber sympathisch und glaubhaft rüber, was auch für Reese Witherspoon gilt. Nebendarsteller wie J. T. Walsh, Joan Allen oder William H. Macy überzeugen ebenfalls, vor allem letzteren sieht man schlicht immer gerne in seiner Paraderolle als typischer Spiessbürger. Das eigentliche Highlight des Filmes ist jedoch ein anderer. Jeff Daniels spielt den Eisladenbesitzer, der stets die selbe Arbeit nach dem genau selben Schema verrichtet und nun erst seine eigene Kreativität entdeckt, einfach nur grossartig und sehr einfühlsam.

"Pleasantville" ist ein schöner Film. Eine fantasievolle, satirische, zuweilen kitschige Liebeserklärung an die Farbenpracht des Lebens.

ca. 8 von 10 Punkten


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