Freitag, 18. Juli 2008

Escape from New York (DVD Review)



Die Klapperschlange

John Carpenter, der damals mit Filmen wie Halloween oder The Thing viel zur Entwicklung des modernen Horrorfilms beigetragen hat und dessen Werke heute teilweise Remakes über sich ergehen lassen müssen, hat 1981 auch einen Ausflug in die Zukunft gemacht (nicht sein einziger) und bei Die Klapperschlange (mit dem uncoolen Originaltitel "Escape from New York") nicht nur Regie geführt, sondern auch das Drehbuch geschrieben. Allerdings, wirklich viel zu schreiben gab es da nicht. 

USA 1997. Das Verbrechen hat derart zugenommen, dass herkömmliche Gefängnisse nicht mehr ausreichen. Ganz Manhattan ist ein Hochsicherheitsgefängnis. Wer dort einfährt, kommt nie wieder heraus. Abgeschottet von der Außenwelt werden dort etwa drei Millionen Gefangene sich selbst überlassen und haben eine eigene Gesellschaftsform entwickelt.
Eines Tages lassen Terroristen die Präsidentenmaschine Air Force One über New York abstürzen und die Rettungskapsel des Präsidenten landet ausgerechnet in Manhattan, wo er von den Häftlingen als Geisel genommen wird.
Dem Sträfling und Ex-Elite-Soldaten Snake Plissken wird die Freiheit versprochen, sofern es ihm gelingt, den Präsidenten mitsamt einer Audiokassette, die wichtige Informationen enthält, wieder heil aus Manhattan heraus zu holen. Da der Präsident auf dem Weg zu Friedensgesprächen mit China und Russland war, bleiben Plissken nur 24 Stunden Zeit. 
(frei nach Wikipedia)

Viel zu schreiben gab es deshalb nicht, weil die eigentliche Handlung nicht das aussergewöhnliche am Film ist. Spannung ist zwar genügend vorhanden, aber der rote Fade schlägt weder grosse Haken, noch ist der durch bemerkenswerte Dialoge oder Charaktere ausgeschmückt. Aber das ist hier auch gar nicht so wichtig. Denn das Aussergewöhnliche an "Die Klapperschlange" sind die Ausgangslage, das Setting und der Hauptdarsteller. 

Die Grundidee - eine Stadt als von Anarchie beherrschtes Gefängnis - ist famos und hat in der Filmwelt nachhaltige Spuren hinterlassen. Nicht wenige Filme haben sich davon beeinflussen lassen, von den überdeutlichen Parallelen des aktuellen Doomsday bis zum klaren Remake-Charakter von Banlieu 13. Die Idee, einen vertrauten Ort in die Zukunft zu verlegen und mit einer Gesellschaft ohne Recht und Ordnung zu kombinieren, fasziniert also bis heute. Ob eine solche Darstellung einen Wunsch in unserem Unterbewusstsein nach einer Art Apokalypse befriedigt, lässt sich diskutieren. Freud würde wohl sofort zustimmen. Dabei ist das Szenario gar nicht so fiktiv. In Bolivien gibt es tatsächlich die Gefangenenstadt Palmasola, wo die Menschenrechte auf jeden Fall nicht mehr als blosse Worte auf dem Papier sind. 

Nicht nur die Idee des Filmes hat bis heute begeisterte Nachahmer gefunden, auch das Setting war wegweisend. Von den Zigeunermässig-wild-dreckigen Kostümen der Gangmitglieder bis zu der kunstvoll beleuchtete, verfremdeten Kulisse Manhattans wurde alles mit viel Mühe und Sorgfalt gestaltet, sodass die Bilder auch ein Vierteljahrhundert danach noch überzeugen. Vor allem die nächtlichen Strassen gefallen mit ihrer sehr dichten Atmosphäre. Die Kameraführung und die Regie sind fortschrittlich, die Actionszenen solide inszeniert. 

Der dritte Punkt, weshalb der Film in das Gedächtnis der Filmgemeinde eingebrannt wurde, ist der Hauptdarsteller. Kurt Russel als Snake Plissken. Einer der coolsten Antihelden der Filmgeschichte. Carpenter orientierte sich an den guten alten Italowestern und schuf einen Testosteron-sprühenden, einäugigen und wortkargen Verbrecher, der den Präsidenten nicht aus Vaterlandsliebe sondern aus purem Eigennutz rettet. Dadurch bekommt der Film einen leichten politischen Subplot. Russel erhielt mit seiner Augenklappe, dem Schlangentattoo und der wallenden Mähne Kultstatus und wurde zum erwachsenen Hollywood-Star. Ansonsten bietet der Film zwar einige bekannte Gesichter (beispielsweise "Sentenza" Lee Van Cleef und Donald Pleasence aus Gesprengte Ketten), aber keine herausragenden Darstellerleistungen. Wie unsinnig Carpenter seine Lebensparnerin Adrienne Barbeau inszenieren muss, kann einem sogar fast auf die Nerven gehen. 

Insgesamt ist der Film auf jeden Fall kein Meisterwerk, dafür sind gewisse Schwächen zu offensichtlich, gehört aber mit Mad Max und Blade Runner zu den filmischen Szenarien, die um das Jahr 1980 herum dem Science Fiction eine völlig neue Richtung gegeben haben. 

"Die Klapperschlange" ist ein Cyberpunk-Actionfilm, dessen Ausgangslage, Aufmachung und Hauptdarsteller nach nur einem schreien: Kult!

ca. 8 von 10 Punkten


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