Mittwoch, 6. August 2008

Collateral (DVD Review)



Collateral

Actionfilme und Thriller gehören neben Komödien wahrscheinlich zu den massenverträglichsten Genres des Kinos. Sie machen einen Grossteil der Hochglanz-Mainstream-Produktionen Hollywoods aus und werden deshalb nicht gerade selten als eher niedere Unterhaltungskost des Pöbels belächelt. Dass der Actionfilm auch intelligent sein kann, hat Altmeister Michael Mann schon mit Heat bewiesen, mit Collateral hebt er nun den Thriller in eine selten gesehene Sphäre empor. 

Vincent ist ein routinierter Auftragsmörder, der für eine große Organisation arbeitet, die sich am folgenden Tag vor der Grand Jury eines Gerichts verantworten muss. Er soll die vier Hauptzeugen der Staatsanwaltschaft und den Staatsanwalt in der Nacht vor dem Prozess beseitigen.
Max, ein Taxifahrer, nimmt ihn zufällig auf, nachdem er einen weiblichen Fahrgast abgesetzt hat. Vincent bietet Max einen größeren Betrag, um sein Taxi und ihn für die Nacht anzumieten. Max willigt zögernd ein. Doch bereits an der ersten Anlaufstelle der Route schlägt die Leiche eines der zu beseitigenden Zeugen auf dem Dach seines Wagens auf.
(frei nach Wikipedia

Nach den Werken Ali und The Insider kehrt Mann mit diesem Film zurück nach Los Angeles und widmet ihm ein weiteres Portrait, wie man es selten sieht. Schon im erwähnten "Heat" hat er ein ganz spezielles Bild dieser Millionenstadt geschaffen und malt dieses nun weiter. Er erzählt die Geschichte einer Odyssee durch die nächtlichen Strassen, von zwei kleinen, unbedeutenden Menschen in einem Meer der Lichter. Dabei schafft er es mit dem Einsatz von digitalen Filmkameras, eine Atmosphäre einzufangen, die in ihrer Melancholie und Einsamkeit fesselt. Die Bilder sind mit ihrem unbeschreiblichen Farbton ein gedämpftes, aber trotzdem beeindruckendes Fest der optischen Reize und genau das, was man sich unter einem Film des 21. Jahrhunderts vorstellen würde. Ausserdem hat es sich Drehbuchautor Stuart Beattie nicht nehmen lassen, die Verbrechergeschichte mit gesellschaftskritischen Aussagen auszuschmücken und durch den Konflikt zwischen der wertelosen, mörderischen Gesellschafts-Randfigur des Killers und dem einfachen, von unrealistischen Träumen lebendem Taxifahrer existenzielle Fragen zu streifen. Auch sonst ist das Drehbuch absolut top. Es setzt weniger auf schiesswütige Actionszenen denn auf sorgfältige Entwicklung der Charatkere und deren Tiefgründigkeit. Auf den MTV-verwöhnten Zuschauer mag diese scheinbare Gemächlichkeit zweitweilen wie Langeweile wirken, ist es aber nicht. Der Film entfaltet einen Grossteil seiner Spannung nämlich auf psychologischer Ebene, denn durch die Glaubwürdigkeit der menschlichen Konflikte entsteht ein Thrill, der sich mit dem anderen Teil der Spannung, dem "oberflächlichen" Polizei-jagt-Verbrecher-Effekt, geradezu famos ergänzt. Ein klassischer Psychothriller, der die Spannungsschraube kontinuierlich anzieht und in einem nervernzerreissenden Finale mündet. Schade ist einzig, dass die Geschichte hier plötzlich etwas konstruiert wirkt. Es darf jedenfalls angenommen, dass Mann beim Drehbuch auch beträchtlich seine Finger im Spiel hatte. 

Der Film funktioniert in seiner psychologischen Glaubwürdigkeit natürlich nur mit den richtigen Schauspielern. Und es sind die Richtigen. Oscar-Preisträger Jamie Fox beweist hier einmal mehr, dass er zu der obersten Liga gehört und spielt den Taxifahrer Max einfach nur grossartig.
Über Tom Cruise kann man sagen, was man will. Durch etwas lächerliche Auftritte in der Öffentlichkeit und seiner Zugehörigkeit zur Scientology ist sein guter Ruf ziemlich flöten gegangen und er ist in der Beliebtheitsskala des Publikums in Spears'sche Tiefen abgesackt. Und auch wenn er einige nicht gerade grossartige Filme gemacht hat, so hatte er doch hie und da seine Glanzmomente. Als personifizierter Sensemann, der Max eine Nacht lang im Nacken sitzt, vermag er jedenfalls zu gefallen. Keine Oscar-reife, aber eine überzeugende Leistung.

"Collateral" ist ein Thriller mit Kopf, durch eine meisterhafte Inszenierung und einwandfreie Besetzung veredelt.

ca. 9 von 10 Punkten

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