Der ehemalig Sandalenfilm-Regisseur Sergio Corbucci hatte sich 1966 mit Django als einer der kreativsten Lieferanten für dreckige, morbide Italowestern etabliert, was er zwei Jahre später mit Il Grande Silenzio bestätigte. Als sich die Hochsaison dieses Genre gegen das Ende zu neigen begann, wandte sich auch Corbucci mehr den publikumswirksamen Westernkomödien zu. Der 1970 entstandene Vamos a matar, compañeros kann deshalb schon zu seinem Spätwerk gerechnet werden, gehört aber nichtsdestotrotz zu Corbuccis Sternstunden. Eigentlich ist er ein Remake des von Corbucci 1968 gedrehten Filmes Die gefürchteten Zwei. In den deutschen Kinos wurde dem Film das selbe Schicksal wie vieler seiner Kollegen zu Teil, indem unter dem Titel "Lasst uns töten, Companeros" eine über 15 Minuten gekürzte Fassung gezeigt wurde. Mittlerweilen ist jedoch die ungeschnittene, restaurierte Fassung (120 Minuten) unter dem Titel "Zwei Companeros" auf DVD erhältlich.
Handlung:
General Mongo, der persönliche Begehrlichkeiten hinter der Fassade der mexikanischen Revolution versteckt, zieht mordend durch das Land und raubt die Staatskasse aus. Er ernennt einen Schuhputzer, "den Basken", kurzerhand zum Befehlshaber, als es gilt, ein stark bewachtes Dorf einzunehmen. Wider Erwarten gelingt dies dem Basken, doch es wird eine Zahlenkombination benötigt, um den Tresor zu öffnen. Als Yodlaf Peterson, "der Schwede", nach San Bernardino kommt, bietet er Mongo an, sich nach Amerika zum Hochsicherheitsgefängnis Yuma zu begeben und den politischen Aktivisten Professor Xantos zu befreien, welcher dort inhaftiert ist und als einziger die Zahlenkombination kennt. Um den Basken loszuwerden, schickt ihn Mongo gleich ebenfalls als Begleitung mit.
Der grösste Trumpf von "Zwei Companeros" ist wie bei seinem Vorgänger, dass er dem Genre der sogenannten "Revolutionswestern" angehört. Dies ist nicht die einzige Parallele zu Sergio Leones Genre-Meilenstein The Good, the Bad and the Ugly, welcher ebenfalls in einer Zeit der politischen Umwälzung spielte. Auch das Konzept einer Reise von zwei Hauptdarstellern, die sich eigentlich loswerden möchten, aber eben doch von einander abhängig sind, wurde deutlich von dem Kult-Duo Eastwood und Wallach geprägt. Wer jetzt aber vermutet, dass Corbucci bloss bei Leone kopieren ging, liegt meilenweit daneben. Im Gegenteil, mit diesem Film scheint Corbucci Leone sogar deutlich bei der Produktion von Todesmelodie inspiriert zu haben, welcher ein Jahr später erschien und ähnliche Themen behandelt. Corbucci, der hier wieder einmal selbst zur Feder griff und das Drehbuch verfasste, verleiht seinem Film vor allem durch seine Inszenierung, die Schauspieler und die anders gewichteten humoristischen Elemente ab der ersten Minute Eigenständigkeit. Dies schafft die Grundlage dazu, dass das Zusammenspiel von politischen und persönlichen Konflikten ausgezeichnet funktioniert.
"Zwei Companeros" hebt sich sehr deutlich von anderen Regiearbeiten Corbuccis ab. Trotz morbiden Ideen und brutalen Sozialkritik ist es oft das Problem von Filmen wie "Django", dass die Handlung zu wenig ausgearbeitet und straff erzählt ist. In diesem Sinne wendet sich Corbucci mit "Zwei Companeros" mehr dem amerikanischen Kino zu, was in diesem Fall kaum als Negativpunkt gesehen werden kann. Im Gegenteil, das Drehbuch brilliert insofern, als dass es den Zuschauer ab der ersten Minute mit der Geschichte vertraut macht und feselt. Einen interessanten Plot - kombiniert mit unzähligen Storywendungen, verschiedenen Interessensparteien, zahlreichen flüssig erzählten Episoden - das kennt man auf diesem Niveau höchstens von grossen Filmen wie "Zwei glorreiche Halunken". Natürlich gehört Corbuccis Film ganz klar auch zu den "grossen" Filmden dieses Genres, weil er ganz offensichtlich über ein für solche Filme überdurchschnittliches Budget verfügte. Die meisten anderen Italowestern können nicht einmal davon träumen, historische Eisenbahnen, explodierende Brücken und brennende Festungen zur Verfügung zu haben. Somit gehört "Zwei Companeros" zu den qualitativ hochstehenden Western, die auch wirklich optisch etwas zu bieten haben.
"Zwei Companeros" ist jedoch nicht nur ein spannender und actiongeladener Film, sondern auch höchst unterhaltsam. Natürlich wird mit vielen typsichen Stilmitteln gespielt und natürlich ist es oft dieser klassische Hau-drauf-Humor, das ändert jedoch nichts daran, dass der Film witziger ist als der meiste Hill/Spencer-Klamauk. Dies liegt vor allem an den sehr erfrischend in Szene gesetzten Hauptdarstellern Franco Nero und Tomas Milian. Nero, Corbuccis Stammschauspieler, darf hier einmal eine etwas andere Facette seines Könnens zeigen und glänzt als überheblicher, kapitalistischer und sehr cooler Gringo, der jedoch eine bei weitem nicht so harte Schale hat wie Django. Perfekt ergänzt wird er von Milian, der den "Tuco-Part" übernimmt und mit seiner ungestümen, rauen Art die Konflikte auf belustigende Weise vorantreibt. Auch die weiteren Rollen sind exzellent bestzt, von der schönen Iris Berben über den bedächtig agierenden Fernando Rey (French Connection) als kluger Professor bis hin zum grandiosen Jack Palance als gnadenloser Killer. Die Schauspieler und ihre abwechslungsreichen Figuren führen dazu, dass "Zwei Companeros" in erster Linie verdammt unterhaltsam und bis heute noch ein grosser Genuss für jeden Filmliebhaber ist.
Der Film ist aber gleichzeitig auch noch mehr. Corbucci verwendet nämlich Gewalt nicht nur zum Selbstzweck, sondern gibt dem Film mehr als einmal ernste Töne. Diese mögen in der deutschen Synchronisation etwas untergehen, doch auch dort entsteht ein durchdachtes Wechselspiel zwischen Unterhaltung und Ernst. Der Film behandelt weniger die Ursachen einer Revolution denn deren Abläufe. Er zeigt den Konflikt der verschiedenen Bevölkerungsschichten und lässt in Form der jeweiligen Charaktere den Kapitalismus, das einfache Volk und die gebildeten Idealisten aufeinander treffen. Gerade der Baske symbolisiert in seiner einfach gestrickten Art den einfachen Bauern, der sich von den grossen Männern fehlleiten lässt. Er ist es, der am Ende die grösste Wandlung durchmacht und zur Einsicht gekommen ist, dass Drauf-los-hauen nicht immer die beste Lösung ist. Corbucci bleibt dabei jedoch stets ehrlich und kritisch und blickt der Tatsache ins Auge, dass politische Umwälzungen schlussendlich nur durch Gewalt vollzogen werden.
"Zwei Companeros" ist eine höchst unterhaltsame Mischung aus "Zwei glorreiche Halunken" und "Todesmelodie", ein zugleich lockerer und durchdachter Spaghetti-Western von Genremeister Sergio Corbucci. Viva la Revolution!
ca. 9 von 10 Punkten
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