Tsotsi
2006 kam Tsotsi in die Kinos, die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Athol Fugard. Der südafrikanische Film von Gavin Hood war international sehr erfolgreich und erhielt unter anderem den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.
In den Vorstädten der südafrikanischen Stadt Johannesburg hat der 19-jährige Tsotsi (Presley Chweneyagae) alle Erinnerungen an seine Kindheit verdrängt. Vor seinem alkoholsüchtigen Vater flüchtete er, als die Mutter an Aids starb. Früh verwaist, hat er sich eine zweifelhafte Existenz als Anführer einer kleinen Gang aufgebaut – als „Tsotsi“ eben, was im Straßenslang schlicht Gangster oder Schläger bedeutet. Mit seinen Freunden Boston, Butcher und DieAap stiehlt und prügelt Tsotsi im Vorbeigehen und schreckt auch vor Mord nicht zurück. Eines Tages überfällt er alleine und spontan in einem reichen Vorort eine junge Frau, schießt auf sie und stiehlt ihren Wagen. Hals über Kopf flieht er. Er baut vor Schreck einen Unfall, als er das drei Monate alte Baby auf der Rückbank bemerkt. Nach kurzem Zögern steckt er das Kind zu den anderen erbeuteten Dingen in eine Papiertüte und nimmt es mit nach Hause, in seine Welt.
(frei nach Wikipedia)
Es gibt nicht wenige Geschichten, die in irgendeiner Art davon handeln, dass jemand mit einer negativen (Verbrecher-)Lebensweise mit einem Kind konfrontiert und dadurch mehr oder weniger geläutert wird. "Tsotsi" ist eine Variante dieser Geschichte, erzählt in den dreckigen, heruntergekommenen Armenviertel von Johannesburg. Nicht nur wegen diesem Schauplatz drängt sich früher oder später der Vergleich mit City of God auf. Und, soviel muss man ganz klar anmerken, "Tsotsi" kann sich auf jeden Fall nicht mit Fernando Meirelles' Meisterwerk messen. Muss er aber auch nicht unbedingt.
Die Einführung von Tsotsi darf man als gelungen bezeichnen, wie er ohne Skrupel und Moralvorstellungen Leute ausraubt und man erst einige Zeit später erfährt, wie er dazu gekommen ist. Zuerst kann man ihn als Zuschauer praktisch nicht mögen und erst als er entscheidet, das Baby zu sich zu nehmen, treten langsam seine positiven Seiten, die unter all der Kriminalität und Gewalt vergraben waren, zum Vorschein. Der Prozess, während dem sich Tsotsi plötzlich mit einer bisher unbekannten Verantwortung konfrontiert sieht, wurde sehr menschlich und nahegehend gestaltet. Übermässige Spannung muss man nicht suchen, aber die Geschichte fesselt insofern, dass der Zuschauer bald mitfühlt und wirklich dabei ist. Das liegt sicher auch an der Atmosphäre, die durch die tollen Bilder und den passenden Soundtrack entsteht. Somit überbrückt der Film die Länge von 90 Minuten spielend und macht insgesamt einen äusserst harmonischen Eindruck. Hie und da gibt es auch einige Szenen, die sogar faszinieren und grossartig gelungen sind. Das Problem ist vielleicht eher, dass der Film zwar durchweg gute Absichten hat und der Wandlung des Protagonisten auch viel Sorgfalt widmet, jedoch in der zweiten Hälfte etwas zu brav wird. Er wird nämlich immer mehr zum reinen Drama, dessen "vom Saulus zum Paulus"-Story irgendwann ziemlich vorhersehbar, wenn nicht sogar unglaubwürdig wird. Hier wäre wirklich noch etwas mehr möglich gewesen.
Anderseits bestich der Film durch seine zuweilen doch kraftvolle Botschaft und der Art, wie Tsotsi lernt, mit den Konsequenzen seines rücksichtslosen Handelns fertig zu werden. Somit ist Gavin Hood ein wichtiger, absolut überzeugend gemachter Film gelungen, der aber deswegen noch nicht mit dem furios-hervorragenden "City of God" auf eine Stufe gestellt werden kann.
"Tsotsi" ist eine dramatische, wichtige und menschlich erzählte Geschichte über Armut, Gewalt, Vergebung und Verantwortung, aus der man noch etwas mehr hätte herausholen können.
ca. 7 von 10 Punkten
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