Changeling
Altstar Clint Eastwood ist seit Jahren ein sicherer Lieferant für Qualitätsware, sei es mit Mystic River, Million Dollar Baby oder Letters from Iwo Jima. Mit Changeling, der Verfilmung der wahren Geschichte von Christine Collins, bleibt er seinem Stil treu und legt ein weiteres beeindruckendes Werk vor.
Handlung:
Los Angeles im Jahr 1928. An einem Samstagmorgen verlässt die alleinerziehende Mutter Christine Collins das Haus und geht zur Arbeit. Bei ihrer Rückkehr ist ihr Sohn Walter verschwunden.
Fünf Monate später wird ein neunjähriger Junge gefunden, der behauptet, Christines Sohn zu sein. Doch während die Polizei (LAPD) ihren Erfolg feiert, ist sich Christine sicher, dass dieser Junge nicht ihr Sohn ist.
(frei nach Wikipedia)
Gibt es gross etwas zu sagen? Eigentlich nicht. Manche mögen dies als Negativpunkt werten, Clint Eastwood liefert jedenfalls das, was man von ihm erwartet: Einen Film mit düsterer, eindringlicher Inszenierung, spannendem, ausgereiftem Drehbuch und im vollem Masse zur Geltung kommenden Schauspielern. Von Fliessbandarbeit zu sprechen, wäre auf jeden Fall verfehlt, aber es fällt positiv auf, mit welcher Souveränität und Erfahrung Eastwood ans Werk geht. Am auffälligsten ist dies beim Cast, welcher mit sicherer Hand ausgewählt wurde und beachtlich harmoniert. Nebenrollen wie Jeffrey Donovan, Jason Harner oder selbstverständlich John Malkovich überzeugen einwandfrei, während das Hauptaugenmerk natürlich auf Angelina Jolie liegt. Allein schon optisch eignet sie sich verblüffend für die 20er-Atmosphäre des Filmes und schafft es auch schauspielerisch, ihre teilweise nicht einfache Rolle auszufüllen. Möglicherweise vermag sie nicht vollständig zu brillieren und den Oscar am Ende einer Konkurrentin überlassen zu müssen, die schwierige Aufgabe, den kammerspiel-artigen Film auf ihren Schultern zu tragen, meistert sie jedoch bemerkenswert.
Wie so oft geht es Eastwood um die Grundwerte des Menschen, um Gerechtigkeit, um Schuld, um Würde. Auf diese Zeitperiode bezogen thematisiert der Film vor allem die Korruption der Polizei und des Bürokratiestaates und die damalige politische und gesellschaftliche Ohnmacht der Frauen. Das Drehbuch von J. Michael Straczynski besticht durch sorgfältige Recherche, viel Spannung ohne Effekthascherei, messerscharf gezeichnete Charaktere und einen mitreissenden Sog der Story. Vermutlich hätte man an der Gesamtstruktur noch etwas feilen können, und dass der Film zwischen den Episoden das Genre zu wechseln scheint, könnte als ungewohnt auffallen. Zusammen mit Eastwoods konsequentem, zielbewussten Regiestil, den er in den letzten Jahren entwickelt hat, und den bedrückenden Bildern, die das historische Los Angeles wieder aufleben lassen, ist jedoch ein grosses Drama entstanden, das zeitweise eine schonungslose, entwaffnende Intensität erreicht. Ein Film, der an stilistisch oder inhaltlich an Werke wie "Mystic River", "Zodiac" oder "Chinatown" erinnert.
"Changeling" ist ein überragendes Drama, so düster, erwachsen und intensiv, wie es zurzeit wohl nur Clint Eastwood fertig bringt. Klassisches Schauspielkino mit einer kraftvollen Angelina Jolie.
ca. 9 von 10 Punkten
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen