Die Emanzipation des Brad Pitt - Ein Portrait
Aus aktuellem Anlass möchte ich hier einige Worte über einen ganz besonderen Filmschauspieler loswerden. In den letzten Wochen habe ich - eigentlich zufällig - vier Filme mit ihm gesehen, nämlich Fight Club, The Curious Case of Benjamin Button, "Snatch" und "Twelve Monkeys". Nach diesen vier sehr guten Filmen fühle ich mich nun endgültig bestätigt, dass Brad Pitt einer meiner absoluten Lieblingsschauspieler ist.
Darf man so etwas überhaupt laut aussprechen, ohne seinem Stolz als Mann adé zu sagen? Man darf nicht nur, man muss. Es ist die Pflicht eines jeden Filmfans, der etwas von guten Schauspielern hält, dafür einzustehen, damit auf die Strasse zu gehen und für die Emanzipation des Brad Pitt zu kämpfen. Denn Brad Pitt ist nicht das Eigentum von kreischenden dreizehnjährigen Mädchen, die zu Hause ein lebensgrosses Poster von seinem nackten Oberkörper neben David Beckham an der Wand hängen haben und sein Autogramm nachts mit sich ins Bett nehmen. Brad Pitt ist kein Tom Cruise, der in oberflächlichen Kriegsdramen mitspielt und die Aufgabe hat, einen strahlenden Hollywoodglanz auf die Leinwand zu bringen. Brad Pitt ist nicht der gelbhaarige Schönling mit den vollen Lippen, der als Teenie-Idol hormonstimulierenden Zeitschriften ziert. Zumindest ist er das nicht mehr. Längst nicht mehr.
Denn er selbst kämpft schon seit über zehn Jahren gegen dieses Image an, und dabei müssen wir ihn unterstützen. Nach Auftritten in Fernsehserien wie "Dallas" und seinem Leinwand-Durchbruch in "Thelma & Louise", worauf er in stereotypischen Hollywoodfilmen wie "Legends of the Fall" und "A River Runs Through It" mitspielte, schien das Bild des jugendlichen Draufgängers in allen Köpfen festgesetzt zu sein. Wenn es in diesem Geschäft einen Nachteil hat, blendend auszusehen, dann war es Brad Pitt, der ihn zu spüren bekam. Mitte der 90er Jahre tat er jedenfalls einiges, um den ihm anhaftenden Stereotyp loszuwerden, und konzentrierte sich auf zahlreiche ungewöhnliche Rollen. Ob er es damit wirklich ernst meinte, darf jedoch bei allem guten Willen auch bezweifelt werden, ansonsten hätte er kaum auch später noch Rollen wie "The Mexikan", "Ocean's Eleven" oder "Troy" angenommen. Es wäre schliesslich falsch, Brad Pitt zu einem Rebellen wie Sean Penn hochzustilisieren, der sich ernsthaft gegen das System Hollywood auflehnt. Pitt ist und bleibt ein Hollywoodstar, einer der Grössten unserer Zeit noch dazu. Was ihn jedoch von den meisten seiner Kollegen abhebt, ist eben die Tatsache, dass er mit seinem offensichtlich geschickten Händchen für Rollenauswahl immer wieder in aussergewöhnlichen Filmen zu sehen ist, wo er jedes Mal sein immenses und vielseitiges Talent unterstreicht.
Natürlich ist in Brad Pitts Filmographie viel Schrott und Durchschnittskost zu finden - mir gefällt er jedoch auch dort meistens überdurchschnittlich gut. Dies fängt an mit dem teilweise lächerlichen und gnadenlos überzogenen "Interview mit einem Vampir" und hört auf mit der noch nicht abgeschlossenen "Oceans"-Trilogie. Es fällt jedoch auf, dass sich Pitt mit dem Alter - der Mann ist schliesslich schon 45 - offenbar auch gereifter und entgegen der Erwartungen seiner Fans präsentieren möchte. Im Kontrast zu anderen Erfolgsverwöhnten versucht er nicht, auf der Leinwand an der vergangenen Jugend festzuklammern, sondern lässt sein Äusseres in "Babel" und "The Curious Case of Benjamin Button" sogar künstlich altern. Während er in letzter Zeit vermehrt in ernsten, weniger sonnenbefleckten Erwachsenenrollen seine Präsenz zu markieren weiss, so ist es gleichzeitig auch ein Glück für den interessierten Filmkonsument, dass Pitt sich wieder mehr für komödiantische Rollen zu interessieren scheint. Hat er doch schon in "Twelve Monkeys" oder "Snatch" gezeigt, dass er in dieser Hinsicht eine grosse Portion Talent besitzt und eine ganz eigene, angenehm unkonventionell körperbetonte Form von (Blödel-)Humor zu transportieren weiss, so war es ein Genuss, ihn letztes Jahr als komischen Vogel in "Burn After Reading" zu sehen, und ist ein Grund, warum man dem neuen Tarantino-Film "Inglorious Basterds" mit hohen Erwartungen entgegensehen kann. Dort spielt Pitt schliesslich den Chef eines Himmelfahrtskommandos, das im "Nazi-occupied France" mit den Deutschen abrechnen soll.
Man darf gespannt sein auf die zukünftigen Projekte von Brad Pitt. Neben "Inglorious Basterds" dreht er gerade den Terence Malick-Film "The Tree of Life", wo er neben Sean Penn spielt, während etwa der Science Fiction-Film "The Sparrow" oder eine Neuauflage von Homers Odysseus-Geschichte erst in der Gerüchteküche brodeln. Auch nicht unwesentlich ist, wie sich Pitts Privatleben auf seine weitere Karriere auswirken wird. Unlängst natürlich ist das Traumpaar "Brangelina" mit seiner Fussballmannschaft von adoptierten Kindern ein Top-Thema in den Klatschmedien und in dem ganzen Rummel scheint Brad ganz hinter seiner starken Angelina zu verschwinden. Auf der Leinwand hingegen hat er noch ganz klar die Nase vorn, weshalb es ihm trotz geringen Erfolgschancen zu gönnen wäre, dieses Jahr endlich einen - zumindest für das Lebenswerk sicherlich verdienten - Oscar zu gewinnen.
Der Mann mit den vielen Gesichtern
Zwar habe ich längst nicht alle Filme von Brad Pitt gesehen - so stehen etwa "Se7en", "True Romance" und "Meet Joe Black" noch auf meiner Warteliste - dennoch folgt nun eine Liste von den sechs meiner Meinung nach besten und abwechslungsreichsten seiner Rollen:
Eine verdiente Oscarnominierung erhielt Pitt für seine Leistung im furiosen Zeitreisefilm 12 Monkeys von Terry Gilliam. Er spielt den Verrückten Jeffrey Goines, den die von Bruce Willis verkörperte Hauptrolle in einer Irrenanstalt trifft. Pitt recherchierte sehr genau über das Verhalten von psychisch kranken Menschen und konnte so den schon einmalig geschriebenen Charakter mit einer grandiosen Mischung aus Verwirrtheit, kindischem Tatendrang und psychopathischer Intelligenz entfalten. Abgefahren!
Pitts kultigste Rolle. In David Finchers Meisterwerk Fight Club verkörpert er die legendäre Figur des Tyler Durdens, die Manifestation der menschlichen Triebe, der unwiderstehliche und geniale Führer, der die Fight Clubs ins leben ruft. Auch hier soll sich Pitt voll und ganz in seine Rolle hineingelebt zu haben und es kursieren Geschichten wie die, dass er und Edward Norton in der Szene, da sie zusammen betrunken Golf spielen, tatsächlich betrunken gewesen sein sollen.
In Alejandro González Iñárritus existenzialistischem Drama Babel spielt Pitt nur eine kleine Rolle neben vielen unbekannten Gesichtern. Und trotzdem gelingt es ihm, dass man für einmal vergisst, den grossen Hollywoodstar vor sich zu sehen, und ihm den verzweifelten, hoffnungslosen Ehemann, der seine verwundete Frau retten möchte, voll und ganz abnimmt.
Ein Film, der sich voll und ganz um die mythenumwobene, legendäre und heldenhafte Figur des Outlaws Jesse James dreht, funktioniert gewiss nur mit dem richtigen Hauptdarsteller. Andrew Dominiks melancholischer Kunstwestern The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford entfaltet auch tatsächlich nur deshalb seine grandiose Wirkung, weil das Zusammenspiel zwischen Casey Affleck und Brad Pitt so gut funktioniert. Pitt beeindruckt hier mit einer unvergesslichen Darbietung, welche der zerrissenen, düsteren und paranoiden Figur des Jesse James eine verblüffende Tiefe verleiht. Meiner Meinung nach Pitts bisher beste Leistung.
Der Film The Curious Case of Benjamin Button ist David Finchers dritter Zusammenarbeit mit Brad Pitt. Das zweite Mal spielt er neben Cate Blanchett und zeigt, dass er sich auch einmal zurücknehmen kann und noch hinter einer Tonne Maske zu überzeugen vermag.
Hier mögen sich die Geschmäcker spalten, ich jedenfalls finde, dass Brad Pitt den griechischen Superhelden Achilles im bildgewaltigen Schlachtepos Troy von Wolfgang Petersen keineswegs schlecht umgesetzt hat und einen schönen Kontrastpunkt zu Eric Bana abgibt. Zwar habe ich längst nicht alle Filme von Brad Pitt gesehen - so stehen etwa "Se7en", "True Romance" und "Meet Joe Black" noch auf meiner Warteliste - dennoch folgt nun eine Liste von den sechs meiner Meinung nach besten und abwechslungsreichsten seiner Rollen:
Eine verdiente Oscarnominierung erhielt Pitt für seine Leistung im furiosen Zeitreisefilm 12 Monkeys von Terry Gilliam. Er spielt den Verrückten Jeffrey Goines, den die von Bruce Willis verkörperte Hauptrolle in einer Irrenanstalt trifft. Pitt recherchierte sehr genau über das Verhalten von psychisch kranken Menschen und konnte so den schon einmalig geschriebenen Charakter mit einer grandiosen Mischung aus Verwirrtheit, kindischem Tatendrang und psychopathischer Intelligenz entfalten. Abgefahren!
Pitts kultigste Rolle. In David Finchers Meisterwerk Fight Club verkörpert er die legendäre Figur des Tyler Durdens, die Manifestation der menschlichen Triebe, der unwiderstehliche und geniale Führer, der die Fight Clubs ins leben ruft. Auch hier soll sich Pitt voll und ganz in seine Rolle hineingelebt zu haben und es kursieren Geschichten wie die, dass er und Edward Norton in der Szene, da sie zusammen betrunken Golf spielen, tatsächlich betrunken gewesen sein sollen.
In Alejandro González Iñárritus existenzialistischem Drama Babel spielt Pitt nur eine kleine Rolle neben vielen unbekannten Gesichtern. Und trotzdem gelingt es ihm, dass man für einmal vergisst, den grossen Hollywoodstar vor sich zu sehen, und ihm den verzweifelten, hoffnungslosen Ehemann, der seine verwundete Frau retten möchte, voll und ganz abnimmt.
Ein Film, der sich voll und ganz um die mythenumwobene, legendäre und heldenhafte Figur des Outlaws Jesse James dreht, funktioniert gewiss nur mit dem richtigen Hauptdarsteller. Andrew Dominiks melancholischer Kunstwestern The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford entfaltet auch tatsächlich nur deshalb seine grandiose Wirkung, weil das Zusammenspiel zwischen Casey Affleck und Brad Pitt so gut funktioniert. Pitt beeindruckt hier mit einer unvergesslichen Darbietung, welche der zerrissenen, düsteren und paranoiden Figur des Jesse James eine verblüffende Tiefe verleiht. Meiner Meinung nach Pitts bisher beste Leistung.
In Burn After Reading von den Coen-Brüdern zeigt Pitt, dass er auch als Nebenrolle den ganzen Film dominieren kann. Eigentlich muss ich meinem Review nichts mehr hinzufügen. Pitts witzigste Rolle.
Der Film The Curious Case of Benjamin Button ist David Finchers dritter Zusammenarbeit mit Brad Pitt. Das zweite Mal spielt er neben Cate Blanchett und zeigt, dass er sich auch einmal zurücknehmen kann und noch hinter einer Tonne Maske zu überzeugen vermag.
Weitere Rollen:
Pitt als undurchsichtiger Zigeunerschläger Mickey O'Neil in Guy Ritchies rabenschwarzer Komödie Snatch. Unbedingt auf English ansehen!
Pitt als Rusty Ryan in der Oceans-Trilogie. Ehrlich gesagt, ich bevorzuge Mark Wahlbergs Italian Job, aber das lieg eher an Steven Sonderbergh als an Brad Pitt.
Können Filmgefühle auch echt sein? - Brad Pitt und Angelina Jolie in der oberflächlichen Actionkomödie Mr. & Mrs. Smith.
Gegen so viel Lächerlichkeit kommt auch Brad Pitt nicht an - als Vampir Louis de Pointe du Lac in Interview mit einem Vampir.
Eigentlich Grund genug um ins Kino zu gehen - Brad Pitt als Lt. Aldo Raine in Tarantinos Traumprojekt Inglorious Basterds.
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