Samstag, 13. August 2011

Cowboys & Aliens (Kino Review)



Cowboys & Aliens

Cowboys & Aliens wurde im Rahmen des 64. Filmfestival Locarno gezeigt.

Inhalt:

Arizona, in der Zeit des Wilden Westen: Ein Mann (Daniel Craig) wacht ohne Erinnerungen mitten in der Wüste auf. An seinem Handgelenk trägt er ein seltsames metallenes Gerät. Er macht sich auf in die nächste Stadt, wo er alsbald erfährt, dass er Jake Lonergan heisst und ein gesuchter Verbrecher ist. Ausgetrickst von einer schönen Unbekannten (Olivia Wilde), wird Lonergan verhaftet und soll sogleich per Gefangenentransport nach Santa Fe überführt werden. Doch soweit wird es nicht kommen.
Am Abend steht nämlich plötzlich der mächtige Rinderzüchter Dolarhyde (Harrison Ford) mit seinen Männern in der Stadt, dessen Sohn Percy (Paul Dano) ebenfalls nach Santa Fe überführt werden soll. Aber bevor es zur Schiesserei kommen kann, beginnt Lonergans Armband ohne Vorwarnung zu piepsen und Sekunden später erscheinen Raumschiffe aus dem Nichts und greifen an. Die Aliens zerstören die halbe Stadt und entführen zahlreiche ihrer Bewohner, unter anderem Percy. Lonergan und Dolarhyde müssen sich nun widerwillig zusammenschliessen, wenn sie die fremden Angreifer besiegen wollen.

Kritik:

"High-concept" nennt man in der Filmbranche jene Filme, deren Ausgangslage sich leicht in einem Satz zusammenfassen lässt, etwa bei Jaws oder 2012. Dementsprechend wäre Cowboys & Aliens ein "ultra-high-concept"-Film, denn seine Prämisse besteht aus gerade mal zwei Wörtern und wurde gleich in den Titel gepackt. Ein schlechtes Zeichen?

Der neue Film von Jon Favreau (Iron Man, Iron Man 2) beginnt jedoch recht vielversprechend: Ein namenloser Cowboy wacht in der Wüste auf und mäht gleich in bester Spiel mir das Lied vom Tod-Manier drei Kopfgeldjäger nieder. Faverau lässt in der ersten halben Stunde des Films das Herz jedes Western-Fans höher schlagen und vermag sogar Erinnerungen an 3:10 to Yuma zu wecken. Man glaubt schon fast, endlich wieder in einem straight-forward-Western zu sitzen.

Doch dann kommen die Aliens. Und machen nicht nur das Städtchen Absolution dem Erdboden gleich, sondern zerstören auch die waschechte Wildwest-Stimmung, die der Film bis dahin sorgfältig aufgebaut hat. Zugegeben, wir haben in neuerer Zeit schon ödere Alien-Invasionen gesehen (*hust*). Tatsächlich ist die Sache hier gut gemacht und die titelgebende Revolverhelden-vs-Marsmenschen-Action, die sich nun entfaltet und den restlichen Film dominiert, ist durchaus kurzweilig. Dennoch bleibt ein fahler Beigeschmack: Die Aliens wirken uninspiriert zusammengesetzt aus zahlreichen Elementen anderer Sci-Fi-Filme, ohne dass eine eigenständige Mythologie gebildet würde. Die Folge davon ist, dass Cowboys & Aliens den Anschein nicht verdecken kann, es seien hier zwei völlig unterschiedliche Filme auf Biegen und Brechen zu einem einzigen zusammengeschweisst worden. Diese Inkohärenz gibt dem Gezeigten eine beinahe schon trashige Note, wobei es auch nicht hilfreich ist, dass sich der Film selbst bierernst nimmt.

Ein weiteres Problem von Cowboys & Aliens ist seine Hauptfigur: Jake Lonergan, von Daniel Craig wie ein moderner Charles Bronson verkörpert, bleibt über den ganzen Film blass und uninteressant. Das hängt damit zusammen, dass sich die Autorenschaft aus unerklärlichen Gründen dafür entschieden hat, dem Film einen starken Mystery-Touch zu geben - oder war das etwa der Einfluss von Co-Autor Damon "Lost" Lindelof? Nicht, dass dem Zuschauer immer gleich alles erklärt werden müsste, aber man braucht gewisse Hintergrundinformationen zu einer Figur, um sich mit ihr identifizieren zu können. Und die Bourne-Masche funktioniert hier deshalb nicht, weil sie zu wenig sorgfältig eingeführt wird und sich mit dem Casting von Craig beisst, der nunmal nicht über den Sympathiefaktor eines Matt Damon verfügt. So bleibt uns das Innenleben von Lonergan weitgehend verborgen und es ändert sich auch wenig dadruch, dass später eine 0815-Backstory über Lonergans verlorene Liebe nachgeschoben wird.

Als wäre eine schwammig charakterisierte Hauptfigur noch nicht genug, trifft das selbe auch auf die Rolle von Olivia Wilde zu: Über die gesamte erste Hälfte des Filmes ist Ella einfach da, stellt mysteriöse Fragen und scheint mehr zu wissen als die anderen, nur leider wissen wir nichts über sie, was aber nötig wäre, damit sie uns sympathisch oder zumindest menschlich erscheinen lassen würde. Die nachgeschobene Erklärung ändert auch hier nichts daran, dass uns ihr Charakter mehr als eine Stunde lang kalt lässt. Immerhin schafft es Altstar Harrison Ford, dem man den Bad Guy zu Beginn so gar nicht abnehmen will, seiner Figur mit der Zeit mehr Tiefe zu verleihen. Die wahren Sympathieträger des Films sind jedoch die Nebenfiguren - allen voran Sam Rockwell als Doc - da viele von ihnen interessanter charakterisiert sind als die Protagonisten.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Favreaus Film zwar viel Potential verschenkt hat, jedoch durchaus ein unterhaltsamer Sommerblockbuster jenseits all der Comicverfilmungen und Remakes geworden ist. Das ändert aber nichts daran, dass Cowboys & Aliens ohne die Aliens wahrscheinlich mehr Spass gemacht hätte.

aufgerundet ca. 7 von 10 Punkten


Dieses Review ist erschienen auf OutNow.

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