Montag, 8. August 2011

Les chants de Mandrin (Kino Review)



Les chants de Mandrin

Les chants de Mandrin wurde im Rahmen des 64. Filmfestival Locarno gezeigt.

Inhalt:

Frankreich, 1755: Das Ancient Régime herrscht über das Land und bestraft jeden, der sich ihm widersetzt. So auch den Räuberhauptmann und Schmuggler Louis Mandrin, eine Art französischer Robin Hood, der öffentlich hingerichtet wurde. Doch seine überlebenden Kumpanen geben nicht auf, sondern organisieren weitere Schmuggelaktionen im Land.
Ein Hausierer (Christian Milia-Darmezin), der unter anderem ebenfalls illegale Waren verkauft, trifft eines Tages auf einem Landweg auf einen Marquis (Jacques Nolot). Dieser lässt den Hausierer in seiner Kutsche mitfahren und eröffnet ihm, dass er auf der Suche nach Bélissard sei, dem Anführer der mandrins. Was will der Marquis von ihm, und wird ihm der Hausierer helfen?

Kritik:

Kritisiert man historische Indie- oder Semi-Amateurfilme, bekommt man oft das Gegenargument zu hören, die Filmemacher hätten halt kein Geld gehabt und man könne den Film doch nicht mit den grossen Hollywood-Blockbustern vergleichen. Tatsächlich liegt das Problem jedoch meist nicht im geringen Budget per se, sondern in der Unfähigkeit der Macher, mit den beschränkten Mitteln eine spannende Geschichte zu erzählen. Ein Paradebeispiel dafür ist Les chants de Mandrin von Rabah Ameur-Zaïmeche.

Der Film scheint eine ziemliche Ein-Mann-Produktion gewesen zu sein: Ameur-Zaïmeche war nicht nur als Autor, Regisseur und Produzent tätig, sondern übernahm auch gleich selbst eine wichtige Rolle im Film. Heisst "wichtige Rolle" nun, dass er die Hauptfigur spielt? Da wären wir schon bei einem Hauptproblem des Filmes: Er hat keine Hauptfigur. Rein von der Screentime her müsste dies eigentlich der Hausierer sein, doch seine Figur ist eher als komödiantischer Sidekick angelegt, und zudem stehen der Marquis und Bélissard (verkörpert eben von Ameur-Zaïmeche) zeitweise viel stärker im Zentrum der Handlung.

Wenn wir schon beim Thema Handlung sind: Les chants de Mandrin hat tatsächlich ziemlich viel Handlung, zumindest in dem Sinne, dass einiges geschieht. Und doch ist der Film gähnend langweilig. Denn die Handlung plätschert einfach so vor sich hin, ohne dass uns dies irgendwie interessieren oder gar emotional bewegen würde. Von einem Spannungsbogen keine Spur.

Nicht gerade hilfreich ist ausserdem, dass der Film miserabel gefilmt wurde: Der Kameramann hatte offenbar Freude am Einsatz von Tele-Objektiven, weshalb wir das Geschehen oft aus der Distanz und in extrem flachen, grauen Bildern sehen. Sorgt das Drehbuch nicht bereits für genug Teilnahmslosigkeit seitens des Zuschauers? Dazu kommt, dass man gewisse Einstellungen viel zu lange laufen liess, sei es aufgrund fehlenden weiteren Materials oder in der Absicht, "künstlerisch" zu sein.

Der TV-Look des Filmes wird verstärkt durch die Kostüme, die oftmals wie direkt aus der Garderobe des Kostümverleihs gegriffen aussehen. Auch den Schauplätzen sieht man an, dass es Ruinen oder Teile von Museen sind. Und wenn dann mal ein wenig production value vorhanden war, dann wird es derart ausgekostet, dass der sowieso kaum vorhandene Handlungsfluss noch mehr unterbrochen wird: Etwa bei der Druckerpresse, der zahlreiche Aufnahmen gewidmet wurden, die vielleicht in einer BBC-Dokumentation über die Funktionsweise dieses Geräts interessant wären, aber nicht hier.

Der letzte grosse Kritikpunkt, den sich Les chants de Mandrin gefallen lassen muss, ist der, dass es der Film nicht schafft, uns irgendetwas Interessantes über das historische Phänomen des titelgebenden Volkshelden zu erzählen. Wir hören zwar ständig vom grossen Mandrin, doch sind es lediglich leere Parolen über die Einigkeit Frankreichs und die Schlechtheit des Königs. Am Ende wirkt Ameur-Zaïmeches Film somit wie eine Fernsehproduktion, die für irgendeine Jubiläumsfeier in Auftrag gegeben wurde - mit dem Unterschied, dass eine solche keine 97 Minuten lang wäre.

ca. 3 von 10 Punkten


Dieses Review ist erschienen auf OutNow.

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