180°
180° - Wenn deine Welt plötzlich Kopf steht wurd eim Rahmen des 6. Zurich Film Festival gezeigt.
Inhalt:
Auch für die Eltern des Mädchens scheint eine Welt zusammenzubrechen: Während sich der Vater, Professor für Literatur, von der Familie entfremdet hat und mit den Avancen einer Studentin konfrontiert ist, arbeitet die Mutter in ebendem Krankenhaus, in das der türkische Junge eingeliefert wird. Währenddessen ist der Amokläufer noch immer auf der Flucht...
Kritik:
Am meisten begeistert an 180 Grad sicherlich, dass der Film von Beginn weg auf überraschend hohem Niveau daherkommt. Mit eindringlicher Bildsprache und ohne unnötiges Palaver zieht uns Inan in die Story hinein und treibt sie zügig voran. Auf technischer Ebene gibt es dabei absolut nichts zu meckern. So wurde auf dem selben neuen digitalen Kamerasystem gedreht, auf dem auch Che oder District 9 entstanden. Die fantastische Kameraführung, die atmosphärischen Nachtaufnahmen und die naturalistische Lichtgestaltung sprechen eine deutliche Sprache: Der TV-Look, der früher noch viele Schweizer Filme kennzeichnete, ist endgültig passé!
Effektiv wurde auch der Soundtrack eingesetzt, welcher vor allem in den zahlreichen dialogfreien Szenen in den Vordergrund rückt. Hier kommt jedoch ein Problem des Filmes zum Vorschein, nämlich, dass es von allem manchmal etwas too much ist. Oft wäre es nämlich nicht nötig gewesen, extra den Holzhammer hervorzuholen, um dem Gezeigten eine möglichst dramatische Stimmung zu geben. Wenn also Katastrophe an Katastrophe gereiht wird, dann beschleicht einen hie und da der Eindruck von Effekthascherei.
Dies wird dadurch verstärkt, dass die meisten Figuren relativ eindimensional daherkommen. Während die einen Schauspieler dies gekonnt kaschieren können - zu nenen wären Christopher Buchholz, Michael Neuenschwander und Carla Juri - bleiben die anderen flach oder gehen gar völlig unter. Was beispielsweise Sabine Timoteo und Leonardo Nigro in diesem Film verloren haben ausser einem nice-to-have, bleibt schleierhaft. Weiter fehlt es insgesamt an spannenden Charakterentwicklungen, wobei zahlreiche interessante Konflikte zwar angeschnitten, aber schlussendlich nur spärlich aufgelöst werden. So macht 180 Grad gegen Ende einen ausgefransten Eindruck und hätte locker eine weitere Viertelstunde mit überraschenden character turns vertragen.
Trotz allem: Im Vergleich zum anderen Schweizer Querschnittsfilm der letzten Jahre, Happy New Year, überzeugt 180 Grad durch seine spannende und dichte Erzählweise. Inan scheut sich nicht, ernsthafte Probleme anzusprechen, und erinnert dabei im positiven Sinne an das amerikanische Vorbild L.A. Crash. Ist der Schweizer Film etwa endlich erwachsen geworden?
ca. 7 von 10 Punkten
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