Donnerstag, 7. Oktober 2010

Die Hummel (Kino Review)



Die Hummel

Die Hummel wurde im Rahmen des 6. Zurich Film Festival gezeigt.

Inhalt:

Pit ist Vertreter für Schönheitsprodukte und bemüht, auch privat den Eindruck des erfolgreichen Saubermanns zu machen. Sein Motto: Wer nichts riskiert, riskiert das Leben. Doch hinter der Fassade läuft es schon längst nicht mehr so gut, wie er sich selbst und anderen glauben machen will. Pit ist geschieden, die Beziehung zum erwachsenen Sohn ist unterkühlt und finanziell ist er weit entfernt von den schwarzen Zahlen. Ausserdem hat ihn der Zynismus seiner täglichen Arbeit, während der er älteren Damen lächelnd Lügen auftischt, innerlich geradezu ausgehöhlt.
Bevor er seinen schicken Geländewagen und seine teuere Wohnung hergeben muss, widmet sich Pit in seiner Not den sogenannten "warmen Quellen". Er meldet sich also bei alten Schulfreunden und Bekannten, lädt sie der guten alten Zeiten wegen zu einem Essen ein und versucht dabei, ihnen seine Produkte anzudrehen. Darunter ist etwa auch Christiane (Inka Friedrich), seine Jugendliebe. Da beginnt Pit zu realisieren, wie sehr er andere Menschen durch seine Heuchlerei verletzt.

Kritik:

Mit Wer früher stirbt, ist länger tot wurde zuletzt bewiesen, wozu bayrische Komödien in der Lage sind. Dabei hatte Jürgen Tonkel eine kleine, aber feine Nebenrolle als suizidgefärdeter Radiomoderator. Beim Debutfilm von Sebastian Stern (Regisseur und Co-Autor) darf er nun die Hauptrolle übernehmen. Dabei bringt er die Zerrissenheit zwischen dem äusserlichen Strahlemann und der innerlichen Leere überaus glaubhaft rüber und manövriert die Figur geschickt aus der Klischee-Zone. Ein wenig ein Klischee ist das nämlich schon, der schneidige Verteter, der für seinen Job die Seele verkauft hat.

Doch das Drehbuch behandelt die Figuren allesamt keineswegs herablassend - wie es etwa die Coen-Brüder üblicherweise tun - sondern mit Wärme und Respekt. Sie alle fühlen sich irgendwie verloren in der hochgradig differenzierten Arbeitswelt der heutigen Zeit, sind nicht zufrieden mit ihrem Leben und sehnen sich nach menschlicher Zuneigung. Daraus ergibt sich eine sorgfältig aufgebaute Konstellation voller spannender Konflikte, auch wenn diese hie und da etwas konstruiert sind. Da gibt es etwa den jungen, unsicheren Hermann, der gerade neu bei Pits Firma anfängt und sozusagen als Spiegel von dessen jüngerem Selbst fungiert. Grossartig auch, wieviel Tiefe und Glaubwürdigkeit Stern der Freundin von Pits Sohn - das dicke Gothic-Mädchen ist an sich alles andere als eine Sympathieträgerin - in nur wenigen Szenen abgewinnen kann.

Neben Szenen von bitterbösem Witz entstehen somit vor allem in der zweiten Hälfte melancholische, teilweise wirklich berührende Momente. Eingefangen werden diese von einer kaum auffallenden Handkamera und mit schlichten, ruhigen Bildern. Dabei überzeugt die subtile Symbolik der Bildsprache, etwa wenn Pit im Supermarkt in einem Meer von Preisschildern und Werbetafeln geradezu unterzugehen droht. Ein weiteres feines Detail ist die im Hintergrund immer wieder auftauchende klassische Musik unter anderem von Liszt, die sich harmonisch mit dem Soundtrack von Markus Lehmann-Horn ergänzt.

Einzig gegen Ende fällt Die Hummel durch leichte Überlänge auf, selbst wenn der Film mit 87 Minuten angenehm kurz geraten ist. Insgesamt ist Stern auf jeden Fall eine herzerwärmende, treffsichere Tragikkomödie mit bissiger Gesellschaftskritik gelungen.

ca. 8 von 10 Punkten

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