Samstag, 25. September 2010

Beyond the Steppes (Kino Review)



Beyond the Steppes

Beyond the Steppes wurde im Rahmen des 63. Filmfestival Locarno gezeigt.

Inhalt:

Polen 1940: Nina (Agnieszka Grochowska) muss sich allein um ihr Baby Anton kümmern, da ihr Mann Roman (Borys Szyc) als Offizier im Krieg ist. Als die sowjetischen Truppen die Stadt einnehmen, wird Nina mit zahlreichen anderen Frauen und Kindern deportiert. Nach einer langen Reise erreichen sie die Farm, auf der sie arbeiten sollen. Das Leben ist hart und die russischen Aufseher erbarmungslos, doch die Freundschaft zu Jadwiga (Aleksandra Justa) muntert Nina etwas auf.
Eines Tages wird Anton krank. Da es in ihrem Lager keine Medizin gibt, bittet Nina die Wachen verzweifelt um die Erlaubnis, in die nächste Stadt mit einem Krankenhaus gehen zu dürfen. Schliesslich willigt der Kommandant ein, aber nur unter der Bedingung, dass sie Anton im Lager lässt und alleine die Medizin holen geht. Nina schliesst sich einer Gruppe mongolischer Reisender an, die auf einem Wagen durch die Steppe unterwegs ist. Wird sie es rechtzeitig schaffen, mit der Medizin zurückzukehren?

Kritik:

Polnische Filme über die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf das Land gibt es wenige. Bekannt sind vielleicht die Werke von Andrzej Wajda, der etwa in Asche und Diamant ein vom Bürgerkrieg zwischen den Nationalisten und den Sowjets zerrüttetes Nachkriegs-Polen zeigte. Einem eher unbekannten Abschnitt der polnischen Geschichte widmet sich nun auch Vanja d'Alcantara mit ihrem Film Beyond the Steppes. Zwar ist es eine belgische Produktion, Inspiration bildeten aber die Memoiren von d'Alcantaras' Grossmutter, die während des Zweiten Weltkriegs als sowjetische Kriegsgefangene nach Sibirien deportiert worden war.

So wurde bei der Produktion besonders viel Wert auf historische Authentizität gelegt. Die Regisseurin verzichtet weitgehend auf dramatisierende Ausschmückungen der Handlung, ausserdem wird originales Polnisch, Russisch und Kasachisch gesprochen. Dennoch ist Beyond the Steppes kein offensichtlicher Historienfilm, geschweige denn ein Kriegsfilm. Der Zweite Weltkrieg bildet lediglich den Rahmen für Ninas Reise, vom eigentlichen Krieg ist nichts zu sehen. Dies wäre auch gar nicht möglich gewesen, da der Film mit einem Budget von 1,3 Millionen Euro kaum die Mittel dazu gehabt hätte.

Im Zentrum stehen somit mehr das menschliche Drama und die Leiden, welche Nina durchmachen muss. Das funktioniert soweit so gut, vor allem dank Hauptdarstellerin Agnieszka Grochowska, deren Leinwandpräsenz praktisch den ganzen Film tragen muss. Dennoch reicht das nicht für 90 Minuten, auch wenn einige sowohl schauspielerisch als auch inhaltlich starke Szenen durchaus vorhanden sind. Es fehlt jedoch an dem Geschick, diese Szenen zu einem einheitlichen Spannungsbogen zu verknüpfen und zu verdichten. Die auffallend elliptische Montage unterstützt diesen Eindruck, selbst wenn auch hier einzelne Szenen wirklich überzeugend geschnitten sind.

Beyond the Steppes braucht eine Weile, um in Fahrt zu kommen. Schliesslich hat man die Geschichte von Kriegsgefangenen und Deportierten in ähnlicher Form bereits zahlreiche Male gehört und gesehen. Während der Mittelteil in Form der sich allmählich entwickelnden, ohne Worte auskommenden Freundschaft Ninas zu den Mongolen das Highlight des Filmes darstellt, folgt wiederum ein unspektakuläres, beinahe schon belangloses Ende. Da hilft es auch nicht weiter, dass die sibirischen Landschaften atemberaubend in Szene gesetzt sind und der Film generell sehr atmosphärisch fotografiert wurde. Die Uneinheitlichkeit des Drehbuchs und das ruhige Erzähltempo führen dazu, dass Beyond the Steppes auf der Handlungsebene schlicht zu wenig zu bieten hat, um wirklich zu überzeugen.

abgerundet ca. 6 von 10 Punkten

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