Sonntag, 21. März 2010

Crazy Heart (Kino Review)



Crazy Heart

Trotz grossen Namen wie Jeff Bridges und Robert Duvall im Cast war Crazy Heart, das Regiedebüt von Scott Cooper, ursprünglich als Direct-to-DVD Release geplant. Fox hat dann aber offenbar doch das Potential des Streifens erkannt und wurde dafür mit einem Einspielergebnis von bisher etwa 35 Millionen Dollar allein in der USA belohnt. Darüber hinaus wurde der Film mit den Oscar für den besten Song („The Weary Kind“ von Ryan Bingham und T-Bone Burnett) und Jeff Bridges mit dem längst überfälligen Oscar für die beste Hauptrolle ausgezeichnet.

Handlung:
Der Protagonist Bad Blake ist ein 57-jähriger Country-Sänger aus Texas und schwerer Alkoholiker. Der Film begleitet ihn auf einer Konzert-Tour mit seinem PKW durch verschiedene Bundesstaaten der USA. Er spielt in heruntergekommenen Bars und auch in einem Bowlingcenter – bisweilen vor kaum einem Dutzend Zuseher. Von seiner ehemals so glorreichen Karriere ist kaum mehr etwas zu spüren, während sein ehemaliger Schützling Tommy Sweet heute den Status eines Superstars geniesst. Doch als Bad bei einem Auftritt in Santa Fe auf die Journalistin Jean trifft, entschliesst er sich, sein Leben von Grund auf umzukrempeln.
(frei nach Wikipedia)

Crazy Heart basiert auf einem Buch selben Titels, das wiederum durch das Leben von Hank Thompson inspiriert wurde, jedoch erzählt Regisseur und Drehbuchautor Scott Cooper seinen Film eindeutig als Fiktion und lässt keinen Zweifel daran, dass etwaige biographische Parallelen völlige Nebensache sind. Sein Film zeichnet sich dadurch aus, dass er überall dort, wo die Musikbiographien Marke Hollywood dick auftragen, stattdessen leise Töne anschlägt. Entstanden ist ein Film, dem auf angenehme Art und Weise jeder Glamour fremd ist und der zwar von einem – zumindest ehemals – berühmten Countrysänger handelt, jedoch in erster Linie von den völlig unglamourösen Problemen eines desillusionierten, einsamen Mannes am Lebensabend erzählt.
Natürlich sind die wenigsten Ereignisse des Filmes unvorhersehbar, geschweige denn überraschend – gerade weil sich die Handlung im Leben genau so abspielen könnte – und man kennt Geschichten dieser Art schon viel zu gut, als dass die Beziehung zwischen Bad und der um dreissig Jahre jüngeren Jean irgendjemanden ernsthaft in Aufregung versetzen könnte. Crazy Heart bietet keine aufgepeppte Version der Realität, in der man gespannt darauf wartet, was wohl als nächstes kommt, sondern schöpft aus seiner ungefilterten Lebensnähe seine Energie.
Nicht unähnlich dem Film, mit dem Mickey Rourke ein Jahr zuvor Furore gemacht hat – The Wrestler – übt sich Cooper mit Crazy Heart in Bescheidenheit, um all die kleinen Momente, die in den üblichen „grossen“ Filmen übersehen werden, optimal herausarbeiten zu können. Wenn also Bad eines Abends bei einem von unzähligen lausigen Konzerten irgendwo im Nirgendwo plötzlich wieder zu spüren beginnt, warum ihm die Musik so viel bedeutet und warum er sie bis heute nicht aufgegeben hat, dann überträgt sich dieses Gefühl nicht nur auf die Zuschauer in der Bar, sondern auch auf den im Kinosaal. Zu verdanken ist dies natürlich in erster Linie einmal Jeff Bridges, der Blake mit Leib und Seele verkörpert und durch seine anfangs verschlossene und schwerfällige Darstellung umso mehr berühren kann, sobald die Kruste, die sich Bad über die Jahre hinweg aufgebaut hat, aufzubrechen beginnt.

Auch sonst erweist sich Cooper als überaus kluger Taktiker in Sachen Casting. Sowohl Maggie Gyllenhaal als auch Colin Farrell und Robert Duvall können ihre Rollen hundertprozentig ausfüllen, wobei es vermutlich bei den meisten anderen Regisseuren mindestens fehl am Platze gewirkt hätte, solch grosse Namen auf einen kleinen Indiefilm zu kleben. Doch Cooper macht sich ihre Bekanntheit viel mehr zu Nutze, indem er geschickt mit den Assoziationen spielt, die der fleissige Kinogänger den bekannten Gesichtern entgegenbringt. Während wir also in Robert Duvall beinahe von selbst einen alten Bekannten sehen, den man über Jahrzehnte in unzähligen Filmen schätzen gelernt hat, kennen wir Maggie Gyllenhaal bereits seit ihrer ersten grösseren Rolle Donnie Darko als sympathisches und bodenständiges Girl Next Door und nehmen es Miami Vice-Star Colin Farrell ohne zu Zögern ab, dass er ein berühmter Sänger ist, von dem die Frauen kreischend ein Autogramm erbetteln. Unübersehbar wird auch auf Jeff Bridges’ Kultrolle in The Big Lebowski verwiesen, Cooper beschränkt sich diesbezüglich glücklicherweise jedoch auf die Bowlingbahn zu Beginn des Filmes. Den Link macht der Zuschauer so oder so, auch wenn ihn Bridges alles andere als nötig hat: Man nimmt ihm den alternden Cowboy zwischen der Whiskeyflasche und der Packung Zigaretten auch so ab.

Zugegeben, ohne die Leistung von Bridges würde der Film nicht einmal annähernd funktionieren, umso mehr weiss Cooper, wie wichtig es ist, dass sich der Zuschauer völlig auf dessen grandiose Performance konzentrieren kann. In die selbe Kerbe schlagen auch die wundervollen Bilder von Kameramann Barry Markowitz, welche doch nie zum Selbstzweck verkommen, sondern den Fokus zu jeder Minute auf ihren Inhalt legen. Die Bilderwelt des Filmes besticht durch eine Mischung aus weiten Wüstenlandschaften, die gleichzeitig das Gefühl von Verlorensein und Vertrautheit ausstrahlen, und dunklen Hotelzimmern – in ihrer Schäbigkeit gleichwohl trostlos als auch Hort von Stunden melancholischer Zweisamkeit. Denn es dauert nicht lange, da beginnt man den echten Bad Blake hinter der zynisch-abgebrühten Fassade zu erkennen, der von Jeans unverfälschter Direktheit allmählich ans Tageslicht gebracht wird. Und wenn sich der Countrysänger, dessen Leben einer leeren Whiskeyflasche gleicht, wieder auf die Suche macht nach dem, was er jeden Abend in seinen Songs besingt, dann darf man als Zuschauer ohne Vorbehalte mitfühlen, weil einem solch ein ehrlicher, offenherziger Film schon lange nicht mehr untergekommen ist.

„Crazy Heart“ ist ein kleines, aber feines Stück Kino mit tragikkomischen Elementen, ein Heimatfilm über einen Heimatlosen, getragen von einem unvergesslichen Hauptdarsteller und ebenso unvergesslichen Songs.

ca. 8 von 10 Punkten



2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hi,
kenne den film noch nicht, werde ich mir mal anschauen,

danke,

Jonas hat gesagt…

Freut mich, wenn mein Review dein Interesse wecken konnte!