Freitag, 17. Juli 2009

Harry Potter and the Philosopher's Stone (DVD Review)



Harry Potter and the Philosopher's Stone
Übersicht
Als am 16. November 2001 die Verfilmung des ersten Bandes der erfolgreichen Jugendromanreihe von J. K. Rowling in den amerikanischen Kinos startete, wurde nichts dem Zufall überlassen. Sage und schreibe 40 Millionen Dollar pumpte Warner Bros. neben den 125 Millionen Dollar Produktionskosten allein in die Vermarktung und stellte mit einem beispiellosen Marketing-Blitzkrieg sicher, dass die neue Franchise auch ja einen sauberen Start hinlegte. Und das sollte sie auch tun. Harry Potter and the Philosopher's Stone (Harry Potter und der Stein der Weisen) zauberte weltweit eine knappe Milliarde in die Kasse und ist bis heute der fünft-erfolgreichste Film aller Zeiten.

Handlung:
Harry Potter wächst als Waisenkind in der spießigen Nicht-Zauberer Familie seiner Tante heran, da ein schwarzer Magier namens "Lord Voldemort" seine Eltern James und Lily Potter getötet hat. Erst an seinem elften Geburtstag erfährt er, dass er, genauso wie seine Eltern, ein Zauberer ist, und wird in die Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen.
(frei nach Wikipedia)

Dass die "Harry Potter"-Filmreihe kaum die filmhistorische Grösse und Brillanz eines "The Lord of the Ring" (dessen erster Teil einen Monat nach "Harry Potter and the Philosopher's Stone" anlief) erreichen würde, war wohl schon im Vorfeld absehbar. Zu viel war zu verlieren, zu gross der Erwartungsdruck, zu klar die Fixierung auf die Buchleser als Zielgruppe - gerade mit der Engagierung von Chris Columbus (Home Alone) machten die Produzenten bei Warner klar, dass sie kein Risiko eingehen mochten. So stellte sich "Harry Potter and the Philosopher's Stone" gemäss Erwarten als ein Kinderfilm ohne Ecken und Kanten heraus, der auch nicht nur im Ansatz sein Genre revolutionieren wollte, wie es im selben Jahr Frodo und co. taten. Und trotzdem erweist sich Columbus' Film als fantastisches Kinomärchen, das vor allem die Träume der Buchkenner wahr macht.

Mann kann eigentlich nur beim Cast anfangen, insbesondere bei den Nebendarstellern. Wohl noch nie war eine Besetzung von weltbekannten Romancharakteren auf der ganzen Breite derart gelungen wie hier. Jeder einzelne Schauspieler, zu einem grossen Teil erfahrene Charaktermimen, passt geradezu perfekt in die von Rowling beschriebene Rolle, was wahrscheinlich auch damit zusammenhängt, dass sie beim Casting hie und da ein Wörtchen mitredete. So war etwa Maggie Smith als Prof. McGonagall Rowlings persönliche erste Wahl und sie bestand auch darauf, dass der gesamte Cast britisch sein solle. Dieser reicht von Alan Rickman als schmieriger Schein-Antagonist Snape (ursprünglich mit Tim Roth besetzt, welcher jedoch wegen Terminproblemen aussteigen musste) bis zu Richard Harris als perfekte Inkarnation des Buch-Dumbledores, John Hurt als herrlich verschrobener Zauberstabmacher oder John Cleese als fast-kopfloser Geist. Herausgekommen ist eine äusserst spielfreudige Ansammlung von Nebendarstellern, die in jeder Szene eine augenzwinkernde Harmonie ausstrahlen und die ihnen zugeschriebenen Rollen - seien sie noch so klein - voll und ganz ausfüllen.
Aber natürlich ist das nur die eine Seite der Medallie. All die grossen Schauspieler, die sich in Hogwarts tummeln, mögen für den Film ein grosser Gewinn sein, er steht und fällt jedoch schlussendlich mit seinen Hauptdarstellern. Das Casting von Kindern ist ja immer so ein Problem für sich und dürfte unter den Verantwortlichen bei Warner für hitzige Diskussionen gesorgt haben - bilden die gemeinsamen Szenen von Harry, Ron und Hermine doch einen Grossteil von allen "Harry Potter"-Bändern. Es galt also vor allem im Falle vom eigentlichen Protagonisten, einen Jungen zu finden, mit dem sich Millionen von Lesern und Kinogängern über sieben Filme hinweg identifizieren konnten. Columbus' schlussendlicher Beschluss, der bis dahin unbekannte Daniel Radcliffe, darf getrost als gut kalkulierte und kompromissreiche Wahl bezeichnet werden. Mit seinem rundlichen Gesicht ist Radcliffe wohl für die meisten Leser eine annehmbare Wahl und verkörpert einen Harry Potter, der (zumindest in den ersten beiden Filmen) in erster Linie ein naiver, liebenswürdiger Durchschnittsjunge ohne Ecken und Kanten ist. Neben ihm wurden Rupert Grint als Ron und Emma Watson als Hermine auserkoren.
Dass in schauspielerischer Hinsicht von den drei Jungspunden nicht allzu viel zu erwarten ist, überrascht kaum. Genausowenig wie die Tatsache, dass Columbus auch hier unnötiges Risiko vermeiden möchte und bestrebt ist, anspruchsvolle Szenen elegant zum umschiffen. Dies gelingt ihm bis zum Schluss auch ziemlich gut, so verfügen die drei zwar um ein recht beschränktes, offensichtlich fleissig eingeübtes Mimik-Arsenal und verhalten sich kaum wirklich so, wie sich 11-Jährige verhalten, dennoch stimmt die Chemie zwischen ihnen grösstenteils. Man sieht dem Trio gerne zu, selbstverständlich fehlt der Niedlichkeitseffekt nicht und vor allem dank der herrlich hochnäsigen und besserwisserischen Emma Watson vermögen die Kinder den Film über seine beachtliche Länge zu tragen.

Weit mehr Mängel als bei den Darstellern findet man bei genauer Betrachtung beim Drehbuch. Steve Kloves hat es zwar geschafft, alles mehr oder weniger Essenzielle im Film unterzubringen und zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen zu lassen, aber er scheitert schlussendlich an der Notwendigkeit, viel zu viele Dinge erklären zu müssen. So kann "Harry Potter and the Philosopher's Stone" schwerlich eine funktionierende Dramaturgie mit resultierendem Spannungsbogen zugeschrieben werden, denn tatsächlich nimmt die Einführung beinahe die Hälfte des Filmes ein und es bleibt für eine eigentliche Handlung kaum mehr Platz. Dass der Film trotzdem funktioniert, liegt daran, dass er sich sozusagen auf eine andere Art von Spannung stützt: Er lebt davon, dass der Zuschauer in die Person Harrys versetzt wird und mit seinen Augen in eine gänzlich neue, fabelhafte Welt eintaucht.
Das beste Beispiel dafür ist die Szene, als Harry und Hagrid die Winkelgasse betreten. Wie ein kleines Kind im Bonbonladen geht der Zuschauer mit ihnen durch dieses schrullige (nicht selten an Charles Dickens erinnernde) Pendant zu unserer Welt und kann gar nicht anders als über die überbordende Masse an fantastischen Details zu staunen. Dieses kindlich-naive, geradezu unschuldige Staunen gegenüber einer fremden Welt vermag der Film auch im erwachsenen Zuschauer auszulösen und über die ganze Spiellänge aufrechtzuerhalten. Und genau deswegen glänzt "Harry Potter and the Philosopher's Stone" im Herzen genau dort, wo auch die Vorlage glänzte: Wir alle - ob alt oder jung - wollen auf eine solche Schule gehen, einmal auf einem Besen fliegen, im Unterricht statt Französisch büffeln Zaubertränke mischen und unserem verhassten Cousin ein Schweineschwänzchen wachsen lassen. Der Film macht Träume war, die in jedem von uns tief drinnen irgendwo verwurzelt sind.

Somit darf auch darüber hinweggesehen werden, dass sich der Film etwas gar eng an die Vorlage klammert und dass einzelne Szenen zwar gelungen und in sich geschossen wirken, aber zeitweise etwas unsorgfältig aneinandergereiht werden und ziemlich rasch von Höhepunkt zu Höhepunkt gesprungen wird. Ausserdem wirkt das Tempo trotz eine grossen Fülle an Orten, Personen und Handlungen nur selten gehetzt. Dies ist auch einer überaus stimmigen Atmosphäre zu verdanken, die vor allem im Gegensatz zum dritten Film mit ihrem warmen, behaglichen Ton eine verträumte Stimmung hervorruft, die zwar nicht selten durch ganz schön gruselige Elemente gebrochen wird, aber im Endeffekt stets die Überhand behält. Somit ist "Harry Potter and the Philosopher's Stone" kein emotional packendes, vielseitiges Fantasykino wie "The Lord of the Rings", die Positionierung als märchenhafter Familienfilm gelingt ihm jedoch verblüffend gut.

Ein grosses Lob gebührt auf jeden Fall den Kulissen, der Ausstattung, den Kostümen und den Spezialeffekten, von denen alle ihr bestes tun, um das erste Schuljahr in Hogwarts zu einem optisch unvergesslichen Erlebnis zu machen. Die enorme Detailverliebtheit der Grossproduktion sticht folglich auch in jeder Szene ins Auge und wurde mit zwei Oscarnominierungen geehrt, musste sich jedoch in beiden Fällen vom Moulin Rouge! geschlagen geben. Etwas verblüffend mag im Rückblick scheinen, dass digitale Effekte hier viel seltener zum Einsatz kommen, als man es angesichts der Fortsetzungen vielleicht erwarten würde. Sie reichen von ziemlich angestaubt (der Zentaur Firenze) bis zu noch heute verblüffend (der dreiköpfige Hund Fluffy), unterstützen die Geschichte im Ganzen gut und drängen sich niemals in den Vordergrund. Dennoch ist Action natürlich in beträchtlichem Masse vorhanden und für manche Geschmäcker wahrscheinlich zu sehr auf Slapstick und Komik ausgelegt, bietet aber eine schöne Abwechslung und ist stets unterhaltsam gestaltet.

Wirklich schade an "Harry Potter and the Philosopher's Stone" ist eigentlich nur, dass sich einige Schwächen im letzten Drittel nicht mehr unter den Tisch kehren lassen. Hier macht sich nun die Überlänge des Filmes deutlich bemerkbar und die Jungschauspieler versagen praktisch zwangsweise darin, packende Emotionen zu liefern, während die Story aufgrund übermässiger Action und Klischees etwas abflacht. Teilweise wird dies aber durch einen wirklich zauberhaften, vom grossartigen John Williams-Score begleiteten Schluss wieder wett gemacht, so verträumt, so herzerwärmend und so magisch, wie es nur ein richtiges Filmmärchen sein kann. Dieses Zauberhafte ist die grösste Stärke der ersten Potter-Verfilmung und genau das, was ich persönlich an den meisten Folgefilmen vermisst habe.

"Harry Potter and the Philosopher's Stone" ist ein klassicher Familienfilm, der durch seine grenzenlose Detailverliebtheit und seinen kindlichen Charme den Geist der Vorlage zu transportieren vermag, teilweise jedoch etwas zu viele Kompromisse eingeht.

aufgerundet ca. 8 von 10 Punkten


Weitere Bilder:









2 Kommentare:

Alan_Mattli hat gesagt…

Der Film heisst übrigens "Harry Potter and the Philosopher's Stone".

Jonas hat gesagt…

Ja, wird noch geändert. Es ist mir schleierhaft, warum sie beim amerikanischen Titel Philosopher durch Sorcerer ersetzt haben und nicht einfach den britischen Titel übernommen haben...