Harry Potter and the Prisoner of Azkaban
2004, ein Jahr nachdem das fünfte Buch erschienen war, löste der Mexikaner Alfonso Cuarón (Children of Men) den bisherigen Regisseur Chris Columbus ab und brachte mit Harry Potter and the Prisoner of Azkaban einen Potter-Film ins Kino, der sich von den Vorherigen radikal unterschied.Handlung:
Der Ausbruch von Sirius Black aus dem Zaubereigefängnis Askaban führt dazu, dass im neuen Schuljahr Dementoren als Wächter um das Hogwarts-Internat stationiert werden. Sirius Black war einst der beste Freund von James Potter, Harrys Vater, und gilt als einer der gefährlichsten Verbrecher in der Zaubererwelt, denn er wird verdächtigt, Harrys Eltern einst an Lord Voldemort verraten zu haben.
(frei nach Wikipedia)
Ohne Frage markiert der dritte Film den mit Abstand härtesten Bruch der bisherigen Filmreihe. Sonnten sich die drei Hauptcharaktere in Columbus' Filmen noch in einer farbenfrohen, unschuldigen Märchenwelt, die zwar hie und da durch ernste Gefahren durchbrochen wurde, aber im Endeffekt stets optimistisch und familienfreundlich war, so taucht Harry hier in eine völlig neue Welt ein - die düstere Welt des Alfonso Cuarón. Der zweifelsohne talentierte Regisseur, dessen Engagement für eine Hollywoodproduktion dieser Grössenordnung eher ungewöhnlich ist, lässt den Zuschauer jede Minute seinen eigenen Stil spüren und konfrontiert unseren vertrauten Zauberlehrling mit Gefahren ungeahnter Grösse. Konnte man sich bisher im Schloss Hogwarts stets sicher und geborgen fühlen, so lauert das Böse neuerdings nicht nur draussen im alten Wald und in den Verliessen von Azkaban, sondern auch hinter den Mauern der eigenen Schule.
Es ist durchaus konsequent, dass Cuarón in Folge dessen auch das Setdesign neu anging und ein Hogwarts kreierte, das in vielen Punkten von den Vorgängern abweicht. Es bleibt zwar unverständlich, warum Hagrids Hütte jetzt plötzlich an einem komplett anderen Ort stehen muss, aber Cuarón handelt sehr geschickt, indem er die Anzahl Schauplätze reduziert und jeweils gezielt einem bestimmten Zweck unterordnet. Daraus folgt, dass Orte wie etwa eine grosse Uhr in einem der Schulhöfe als immer wiederkehrende Elemente eingesetzt werden und somit nicht nur als blosse dekorative Kulisse wirken. Auch Hogsmead wurde passend umgesetzt und ergänzt die winterliche Atmosphäre perfekt.
Leider hat Cuarón im Gegensatz zum Setdesign beim Umsetzen der neu in Erscheinung tretenden Geschöpfe mehrmals daneben gegriffen. Das reicht von einem Werwolf, der mehr an Gollum als an einen Wolfsmenschen erinnert, bis hin zu einem aus seltsamen Schallwellen zu bestehen scheinenden Patronus (welcher glücklicherweise im fünften Film dann korrigiert wurde) und gipfelt in aus flatternden, zerschlissenen schwarzen Leintüchern zusammengesetzten und wild herumschwirrenden Dementoren, welche ja geradezu das Markenzeichen des dritten Bandes darstellen sollen. Anderseits wäre es übertrieben, sie als lächerlich zu bezeichnen, und auch hier scheint Cuarón seiner ganz eigenen Vorstellung zu folgen, was dem Film erst seine lobenswerte Eigenständigkeit verleiht. Und erwähnen sollte man vielleicht auch den Hippogreif Seidenschnabel, an dessen CGI-Federn zwar schon wieder die Zeit nagt, der aber durchaus beeindruckend umgesetzt wurde und für einige tolle Szenen sorgt.
Unter dem Strich muss man Cuaróns Arbeit auf jeden Fall loben, denn was den dritten Potter-Film schlussendlich auszeichnet, ist seine packende, düstere Atmosphäre, die jede Szene durchdringt. Dazu tragen auch zahlreiche skurrile Details bei, die Cuarón mit grossem Vergnügen einbindet.
Etwas schade ist, dass die Macher in Sachen Rollenauswahl ein nicht mehr ganz so geschicktes Händchen hatten wie bei den beiden Vorgängerfilmen. Zwangsweise negativ fällt Michael Gambon als neuer Dumbledore auf, da der grandiose, unersetzbare Richard Harris am 25. Oktober 2002 verstorben war. Nebenrollen wie Timothy Spall als Wurmschwanz oder Emma Thompson als kasperlehafte Wahrsagelehrerin Trelawney sind durchwegs solide besetzt worden und auch Gary Oldman nimmt man den Sirius Black durchaus ab, auch wenn er nicht sehr lange im Gedächtnis bleibt. Die einzige wirklich als perfekt zu bezeichnende Neubesetzung stellt David Thewlis als Professor Lupin dar, der den Charakter des Romans optimal zu verkörpern vermag.
Eine positive Überraschung ist ausserdem die eigentliche Hauptperson, welche im Vergleich zu Harry Potter and the Chamber of Secrets deutlich interessanter ausfällt. Harry hat eine Entwicklung durchgemacht und wirkt hier als aufmüpfiger Teenager, der - als Parabel über das Erwachsenwerden - sowohl mit den Gefahren der Umwelt als auch mit der eigenen Vergangenheit fertig werden muss, glaubwürdig und macht einen spürbaren inneren Konflikt durch. Daniel Radcliffe mag etwas überfordert damit sein, Wut zu zeigen, trotzdem ist es eine weitere Stärke des dritten Filmes, dass ein allgegenwärtiger roter Faden vorhanden ist, der direkt an der Hauptfigur anknüpft. Gerade im Vergleich zu den Nachfolgefilmen kommt die Situation, das Stehen an der Schwelle zum Erwachsenwerden zwischen Furcht und Identitätsfindung, in diesem Film auf spannende Weise zur Geltung und sorgt für emotionale Tiefe.
Ein grosser Vorteil des dritten Filmes gegenüber seinen Nachfolgern ist auch sonst das Drehbuch, dass wieder von Steve Kloves geschrieben wurde. Ihm kam wiederum zu Hilfe, dass der dritte Roman einer der stärksten der Reihe ist, was sich unter anderem in einem grandiosen, geschickt konstruierten Showdown äussert. Der Film schafft es, vor allem diesen Schlussteil, aber auch den Rest der Handlung, erstaunlich flüssig in Filmform zu giessen, ohne dabei das Ganze aus den Augen zu verlieren oder in unnötige Überlänge abzudriften. Es wurden genau die Szenen aus dem Buch herausgepickt, die es wirklich braucht (auch wenn grosse Logiklöcher das Resultat sind), und Cuarón schreitet mit genügend Tempo vorwärts, wodurch der Film schon ab der ersten Minute an Fahrt aufnimmt. Das Ergebnis ist ein kompakter Fantasyfilm, der vielleicht mit dem Charme der Vorlage nicht mehr viel am Hut hat, aber womöglich der einzige bisherige Potterfilm ist, der als Film funktioniert.
"Harry Potter and the Prisoner of Azkaban" ist zwar im Gegensatz zu den beiden Vorgängern ein grosser Schritt weg von der Buchvorlage, dafür ein rundes, dramaturgisch funktionierendes Fantasyabenteuer, das von einer düsteren, äusserst dichten Atmosphäre profitiert.
abgerundet ca. 7 von 10 Punkten
Weitere Bilder:
Der Ausbruch von Sirius Black aus dem Zaubereigefängnis Askaban führt dazu, dass im neuen Schuljahr Dementoren als Wächter um das Hogwarts-Internat stationiert werden. Sirius Black war einst der beste Freund von James Potter, Harrys Vater, und gilt als einer der gefährlichsten Verbrecher in der Zaubererwelt, denn er wird verdächtigt, Harrys Eltern einst an Lord Voldemort verraten zu haben.
(frei nach Wikipedia)
Ohne Frage markiert der dritte Film den mit Abstand härtesten Bruch der bisherigen Filmreihe. Sonnten sich die drei Hauptcharaktere in Columbus' Filmen noch in einer farbenfrohen, unschuldigen Märchenwelt, die zwar hie und da durch ernste Gefahren durchbrochen wurde, aber im Endeffekt stets optimistisch und familienfreundlich war, so taucht Harry hier in eine völlig neue Welt ein - die düstere Welt des Alfonso Cuarón. Der zweifelsohne talentierte Regisseur, dessen Engagement für eine Hollywoodproduktion dieser Grössenordnung eher ungewöhnlich ist, lässt den Zuschauer jede Minute seinen eigenen Stil spüren und konfrontiert unseren vertrauten Zauberlehrling mit Gefahren ungeahnter Grösse. Konnte man sich bisher im Schloss Hogwarts stets sicher und geborgen fühlen, so lauert das Böse neuerdings nicht nur draussen im alten Wald und in den Verliessen von Azkaban, sondern auch hinter den Mauern der eigenen Schule.
Es ist durchaus konsequent, dass Cuarón in Folge dessen auch das Setdesign neu anging und ein Hogwarts kreierte, das in vielen Punkten von den Vorgängern abweicht. Es bleibt zwar unverständlich, warum Hagrids Hütte jetzt plötzlich an einem komplett anderen Ort stehen muss, aber Cuarón handelt sehr geschickt, indem er die Anzahl Schauplätze reduziert und jeweils gezielt einem bestimmten Zweck unterordnet. Daraus folgt, dass Orte wie etwa eine grosse Uhr in einem der Schulhöfe als immer wiederkehrende Elemente eingesetzt werden und somit nicht nur als blosse dekorative Kulisse wirken. Auch Hogsmead wurde passend umgesetzt und ergänzt die winterliche Atmosphäre perfekt.
Leider hat Cuarón im Gegensatz zum Setdesign beim Umsetzen der neu in Erscheinung tretenden Geschöpfe mehrmals daneben gegriffen. Das reicht von einem Werwolf, der mehr an Gollum als an einen Wolfsmenschen erinnert, bis hin zu einem aus seltsamen Schallwellen zu bestehen scheinenden Patronus (welcher glücklicherweise im fünften Film dann korrigiert wurde) und gipfelt in aus flatternden, zerschlissenen schwarzen Leintüchern zusammengesetzten und wild herumschwirrenden Dementoren, welche ja geradezu das Markenzeichen des dritten Bandes darstellen sollen. Anderseits wäre es übertrieben, sie als lächerlich zu bezeichnen, und auch hier scheint Cuarón seiner ganz eigenen Vorstellung zu folgen, was dem Film erst seine lobenswerte Eigenständigkeit verleiht. Und erwähnen sollte man vielleicht auch den Hippogreif Seidenschnabel, an dessen CGI-Federn zwar schon wieder die Zeit nagt, der aber durchaus beeindruckend umgesetzt wurde und für einige tolle Szenen sorgt.
Unter dem Strich muss man Cuaróns Arbeit auf jeden Fall loben, denn was den dritten Potter-Film schlussendlich auszeichnet, ist seine packende, düstere Atmosphäre, die jede Szene durchdringt. Dazu tragen auch zahlreiche skurrile Details bei, die Cuarón mit grossem Vergnügen einbindet.
Etwas schade ist, dass die Macher in Sachen Rollenauswahl ein nicht mehr ganz so geschicktes Händchen hatten wie bei den beiden Vorgängerfilmen. Zwangsweise negativ fällt Michael Gambon als neuer Dumbledore auf, da der grandiose, unersetzbare Richard Harris am 25. Oktober 2002 verstorben war. Nebenrollen wie Timothy Spall als Wurmschwanz oder Emma Thompson als kasperlehafte Wahrsagelehrerin Trelawney sind durchwegs solide besetzt worden und auch Gary Oldman nimmt man den Sirius Black durchaus ab, auch wenn er nicht sehr lange im Gedächtnis bleibt. Die einzige wirklich als perfekt zu bezeichnende Neubesetzung stellt David Thewlis als Professor Lupin dar, der den Charakter des Romans optimal zu verkörpern vermag.
Eine positive Überraschung ist ausserdem die eigentliche Hauptperson, welche im Vergleich zu Harry Potter and the Chamber of Secrets deutlich interessanter ausfällt. Harry hat eine Entwicklung durchgemacht und wirkt hier als aufmüpfiger Teenager, der - als Parabel über das Erwachsenwerden - sowohl mit den Gefahren der Umwelt als auch mit der eigenen Vergangenheit fertig werden muss, glaubwürdig und macht einen spürbaren inneren Konflikt durch. Daniel Radcliffe mag etwas überfordert damit sein, Wut zu zeigen, trotzdem ist es eine weitere Stärke des dritten Filmes, dass ein allgegenwärtiger roter Faden vorhanden ist, der direkt an der Hauptfigur anknüpft. Gerade im Vergleich zu den Nachfolgefilmen kommt die Situation, das Stehen an der Schwelle zum Erwachsenwerden zwischen Furcht und Identitätsfindung, in diesem Film auf spannende Weise zur Geltung und sorgt für emotionale Tiefe.
Ein grosser Vorteil des dritten Filmes gegenüber seinen Nachfolgern ist auch sonst das Drehbuch, dass wieder von Steve Kloves geschrieben wurde. Ihm kam wiederum zu Hilfe, dass der dritte Roman einer der stärksten der Reihe ist, was sich unter anderem in einem grandiosen, geschickt konstruierten Showdown äussert. Der Film schafft es, vor allem diesen Schlussteil, aber auch den Rest der Handlung, erstaunlich flüssig in Filmform zu giessen, ohne dabei das Ganze aus den Augen zu verlieren oder in unnötige Überlänge abzudriften. Es wurden genau die Szenen aus dem Buch herausgepickt, die es wirklich braucht (auch wenn grosse Logiklöcher das Resultat sind), und Cuarón schreitet mit genügend Tempo vorwärts, wodurch der Film schon ab der ersten Minute an Fahrt aufnimmt. Das Ergebnis ist ein kompakter Fantasyfilm, der vielleicht mit dem Charme der Vorlage nicht mehr viel am Hut hat, aber womöglich der einzige bisherige Potterfilm ist, der als Film funktioniert.
"Harry Potter and the Prisoner of Azkaban" ist zwar im Gegensatz zu den beiden Vorgängern ein grosser Schritt weg von der Buchvorlage, dafür ein rundes, dramaturgisch funktionierendes Fantasyabenteuer, das von einer düsteren, äusserst dichten Atmosphäre profitiert.
abgerundet ca. 7 von 10 Punkten
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