Donnerstag, 12. August 2010

Locarno - Tag 5


Am 63. Filmfestival Locarno - Sonntag, 8. August

Ich nahm es relativ gemütlich und machte mich erst am Nachmittag auf den Weg nach Locarno, um mir Lubitschs Klassiker Ninotchka anzusehen. Ich staunte nicht schlecht, als ich beim Rex eintraf: Die Schlange vor dem Kino reichte bis auf die andere Seite der Piazza. Das hat mich dann schon etwas überrascht, weil ich a) bei allen anderen bisherigen Lubitschs nicht anstehen musste und b) Ninotchka nicht als dermassen zugkräftig eingestuft hätte. Wohl oder übel stand ich dann halt eine Viertelstunde in der Schlange, fand aber glücklicherweise noch einen Platz im Kino.


Der Film wurde von Joseph McBride eingeführt, welcher unter anderem über Lubitschs russische Abstammung und sein Verhältnis zum Kapitalismus erzählte, von welchem die Greta Garbo in Ninotchka bekehrt bzw verführt wird. Den Film in einem vollen Kino zu sehen war dann doch ein Glück, es herrschte eine heitere Stimmung. Er gefiel mir auch besser als ich ihn in Erinnerung hatte, unter anderem nachdem mir Melvyn Douglas schon in That Uncertain Feeling zugesagt hatte. Billy Wilders Drehbuch erweist sich dann auch als ausgesprochen pfiffig und schafft es, das Sowjet-Klischee für einmal nicht ausgelutscht und platt erscheinen zu lassen. Der einzige wirkliche Störfaktor ist für mich weiterhin – es mag Gotteslästerung sein – Greta Garbo. Die schönste Frau der Welt ist zwar auch hier anmutig und elegant, schauspielerisch schafft sie es jedoch nicht, die 180-Grad-Drehung ihrer Figur glaubhaft rüberzubringen. Der Film ist trotzdem grandios. Ich sage nur: Lovers of the world, unite!


Da Ninotchka gut eine halbe Stunde zu spät angefangen hatte, verpasste ich leider den Anfang des anschliessenden Boogie Nights, der im Fevi zu Ehren von John C. Reilly lief. Das war aber nicht weiter schlimm, da ich den Film bereits zweimal gesehen habe. Er begeisterte mich aber auch dieses Mal, ist P. T. Anderson doch ein geradezo monumentales Werk über die goldene Ära der Pornoindustrie gelungen.

Am Abend ging ich das zweite Mal auf die Piazza Grande und sah Svet-Ake (The Light Thief), einen dokumentarisch angehauchten Film aus Kirgistan über einen Elektriker in einem kleinen Dorf, in dem der überteuerte Strom nur eines der zahlreichen Probleme darstellt. Als zweites lief dann der in Locarno regelrecht gehypte Rubber, einen Film über – Sie lesen schon richtig – einen mordlustigen Autoreifen. Als Hommage an Filme wie Angriff der Killertomaten gedacht, rollt der Killerpneu anfangs ganz gut, kommt dann aber bals ins Stocken. Meiner Meinung nach wäre die Idee viel besser als Kurzfilm realisiert worden. Anschliessend ging es noch kurz an die Afterparty von Rubber.

Quentin Dupieux stellt seinen Film Rubber vor

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