Sonntag, 18. Oktober 2009

Stay (DVD Review)



Stay

Dass der Schweizer Regisseur Marc Forster auch anderes als Mainstream wie Quantum of Solace drehen kann, hat er schon mehrfach unter Beweis gestellt. Am konsequentesten tat er dies ohne Frage 2005 mit dem komplexen Psychothriller Stay, der zwar vom Publikum praktisch ignoriert wurde, bei vielen Kritikern jedoch Anklang fand.

Handlung:
Dr. Sam Foster (Ewan McGregor) ist ein Psychiater, der von seiner erkrankten Kollegin Dr. Beth Levy die Behandlung ihres Patienten Henry Letham (Ryan Gosling) übernimmt. Der junge Mann ist depressiv und gibt mysteriöse Vorhersagen von sich. Anfangs glaubt Foster ihm nicht sonderlich, doch als Henry unter anderem einen Hagelschauer vorhersagt, der tatsächlich eintrifft, beginnt Foster langsam, seinen Patienten ernst zu nehmen. Schließlich kündigt Henry an, sich nur wenige Tage später, und zwar genau an seinem 21. Geburtstag, um Mitternacht das Leben zu nehmen.
(frei nach Wikipedia)

Gibt es etwas schöneres, als zu Beginn eines Reviews einfach mal vorbehaltlos die Inszenierung eines Filmes loben zu können? Das hat sich Forster mit "Stay" nämlich verdient. Hier lässt er seinen ganz eigenen Stil, wie man ihn etwa aus Stranger Than Fiction in frappierender Ähnlichkeit kennt, jede Sekunde durchblicken. Die Bilder des Filmes zeichnen sich dadurch aus, dass sie hervorragend ausgeleuchtet sind, durch Tiefe und Dynamik glänzen und kunstvoll mit den verschiedenen Ebenen arbeiten. Beeindruckend auch, wie sie höchst unkonventionell zu einem Gesamtbild zusammengeschnitten wurden. Das stimmige optische Gesamtbild des Filmes ist zweifelsohne der Tatsache zu verdanken, dass Regisseur Foster, Kameramann Robert Schäfer und Cutter Matt Chesse ein eingespieltes Team sind und bisher in nicht weniger als sechs Kinoproduktionen zusammengearbeitet haben. Diese erfolgreiche künstlerische Verbindung kulminiert etwa in höchst komplex verschachtelten Übergängen, wie man sie bisher erst selten gesehen hat.

Nicht ganz so vorbehaltlos lässt sich das Originaldrehbuch von David Benioff (Troy, X-Men Origins: Wolverine) loben. Dies beginnt bereits bei den Dialogen, welche teilweise etwas gar plump und konstruiert daher kommen, wobei auch die Figurenzeichnung nicht mit allen Wassern gewaschen ist. Sowohl Ryan Goslings so wie Naomi Watts Figur wirken stellenweise einseitig und zu passiv, und auch ihre Darsteller vermögen nicht viel mehr als Durchschnitt daraus zu machen. Deutlich positiver bleibt Ewan McGregor als Dr. Sam Foster in Erinnerung, der trotz einer Figur, die ebenfalls nicht allzu viel herzugeben scheint, praktisch durchweg zu überzeugen vermag.

Generell kann man wenn, dann vor allem dem Drehbuch vorwerfen, dass "Stay" kein Mystery-Thriller auf dem genialen Niveau eines David Lynch (Mulholland Dr.) geworden ist - denn das würde der Film gerne sein. Es bleibt der Eindruck, dass sich Benioff etwas zu viel vorgenommen hat, indem er voller Tatendrang und in bester Science-Fiction-Manier Realität und Fiktion verwebt. "Stay" beginnt als normaler, gewöhnlicher Film über einen Psychiater und seinen Patienten, deren Story in der ersten Hälfte durchaus berechenbar daherkommt. Doch dann wird diese Normalität immer mehr von Deja-Vùs, psychedelischen Zwischensequenzen und ruckartigen Handlungssprüngen (Jump-Cuts) verdrängt. Gewiss, das vermag hartgesottene Fans des Independentkinos zu unterhalten und bald einmal wird dann auch klar, dass man in diesem Film dem gezeigten keinen Glauben schenken darf. Das eigentliche resultierende Problem ist wahrscheinlich, dass man fortan abgesehen von der Prämisse, dass sich Henry am Samstag umbringen will, nichts Handfestes mehr hat, an dem man sich festhalten kann - es fehlt der rote Faden. So wird der Zuschauer vom Geschehen längst nicht so sehr mitgerissen, wie es möglich wäre, da die überladene optische Aufbereitung und die konfuse Handlung mehr und mehr zum Selbstzweck zu verkommen scheinen.

Natürlich, die finale Totalauflösung ist überaus originell, reisst gegen Schluss doch noch kräftig die Kurve Richtung Gänsehaut herum und so kann man bei "Stay" sicher nicht von einem misslungenen Experiment sprechen. Was Forster hier abgeliefert hat, ist anspruchsvolles Kunstkino auf hohem Niveau, das nebenbei auch einfach toll aussieht. Trotzdem wäre mehr aus der Grundidee herauszuholen gewesen.

"Stay" ist ein atmosphärisch äusserst dichter, storymässig teilweise konfuser Mystery-Thriller, der scheinbar etwas mehr sein möchte, als er ist.

abgerundet ca. 7 von 10 Punkten


Weitere Bilder:










2 Kommentare:

Caddy hat gesagt…

Vielen Dank für den Tipp! Der Film war mir bisher unbekannt ...

Jonas hat gesagt…

ja ist eben im Kino ziemlich untergegangen... kann ich dir wirklich empfehlen! :-)